Die VW-Affäre in den USA bei der durch eine Software Diesel-Abgaswerte manipuliert wurden, wirft auch in Deutschland Schatten. 
Die Aktie des Wolfsburger Autokonzerns brach um mehr als 23 Prozent ein, was einem Wertverlust der Aktie von fast 15 Milliarden Euro entspricht. Und natürlich melden sich die ersten Kritiker zu Wort.
Vom ADAC heisst es beispielsweise dass der Automobilclub auf einem  eigenen, zertifizierten Prüfstand seit 2003 jährlich ca. 150 Pkw in puncto CO2-Emissionen und Schadstoffe untersuche. Im ADAC EcoTest würden dem Club auch bei Dieselfahrzeugen immer wieder Abweichungen von den aktuellen Euro-6-Grenzwerten auffallen. Bei den festgestellten Schadstoffabweichungen handelte es sich nicht um den Faktor 10-40 wie aktuell im „Fall VW“ in den USA, allerdings kommt der Faktor 7-20 (jeweils bezogen auf die Grenzwerte USA/EU) durchaus häufig vor.
Gesetzlich sollte ein sauberer Diesel nach Meinung des ADAC in keinem Betriebszustand eine höhere Abweichung vom Euro-6-Grenzwert zeigen, als den sogenannten Conformity Factor 1,5. Die Hersteller fordern dagegen einen weit höheren Abweichfaktor. Der Club setze sich seit Jahren dafür ein, dass realitätsnahe Verbrauchsangaben auch gesetzlich vorgeschrieben werden sollen.
Der ADAC sei davon überzeugt, dass durch moderne Clean-Diesel-Technologie die Stickoxide (NOx) der Dieselfahrzeuge im realen Betrieb in den Städten und auch auf der Autobahn um 90 bis 95 Prozent gesenkt werden können.
Der EcoTest des Clubs ermittelt alle Verbrauchswerte auf der Basis eigener Messungen – inklusive der Kraftstoff-Herstellung (Well-to-Wheel). Dabei werden die Fahrzeuge, ergänzend zum Typprüfzyklus (NEFZ), in einem Autobahnzyklus und im neuen Weltzyklus (WLTC) geprüft.
Umwelthilfe reagiert scharf
Von der Deutschen Umwelthilfe heisst es: Die von Volkswagen und Audi seit dem 3. September 2015 in den USA zugegebenen illegalen ‘Abschalteinrichtungen‘ der Abgasreinigung bei 482.000 Diesel-Pkw erfüllen nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) den Tatbestand der ‘vorsätzlichen Körperverletzung‘. Die DUH fordert daher den Rücktritt des VW-Vorstandschefs Martin Winterkorn und bei der VW-Aufsichtsratssitzung am Freitag eine lückenlose Offenlegung, welche weiteren Diesel-Pkw für den US- bzw. europäischen Markt über vergleichbare Abschalteinrichtungen verfügen.
„VW und Audi wissen, dass ihre Fahrzeuge in den USA und in Europa in Gebieten mit hoher Luftbelastung eingesetzt werden und die jeweils geltenden strengen Grenzwerte einhalten müssen. Beide Unternehmen wissen zudem, was passiert, wenn bei einem modernen Dieselmotor die Abgasreinigung faktisch abgeschaltet wird: Die giftigen Stickoxid-Emissionen explodieren geradezu um ein Zig-faches. Eigentlich müsste dann die OBD (On-board-Diagnose) eine Fehlfunktion anzeigen und das Fahrzeug in den Alarmmodus (Kriechfahrt zur nächsten Werkstatt) versetzen. Um dies zu umgehen, haben die Ingenieure von VW und Audi auch gleich noch die Software der OBD manipuliert, so dass diese keine Fehlfunktion des Abgaskatalysators anzeigt“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Auch andere Autohersteller wie BMW, Daimler, Opel und Ford setzen nach Einschätzung der DUH insbesondere in Europa ‘Abschalteinrichtungen‘ bei der Abgasreinigung ein, um noch mehr Leistung aus den Motoren herauszuholen. Die fatale, bewusst in Kauf genommene Folge ist die rechtswidrige Nichteinhaltung der in Euro-Klassen definierten Abgasgrenzwerte und die fortgesetzte Vergiftung der Atemluft in unseren Städten insbesondere mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2). Die daraus resultierenden anhaltend hohen NO2-Werte in deutschen Städten haben im Juni 2015 zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU gegen Deutschland geführt.
Während die deutsche Bundesregierung seit Jahren von der DUH über solche Abschalteinrichtungen informiert ist, die zuständigen Ministerien jedoch die bis zu 25-fache Überschreitung von Abgasgrenzwerten als ‘rechtmäßig‘ verteidigen und Nachprüfungen bis heute verweigern, zeigen uns die Nachkontrollen der amerikanischen Umweltbehörde EPA, dass es durchaus möglich ist, Umweltgesetze auch bei der Automobilindustrie durchzusetzen.
Resch wirft VW Kriminelle Energie vor
„Mit welch krimineller Energie Volkswagen und Audi seit 2009 seine Kunden betrügt und die öffentliche Gesundheit gefährdet, offenbart die auch für Europa richtungsweisende Untersuchung in den USA. Warum hören wir nichts von Verkehrsminister Dobrindt und Umweltministerin Hendricks? Die deutschen Kontrollbehörden heißen Kraftfahrtbundesamt und Umweltbundesamt. Letzteres wäre auch neutral genug, eigene Untersuchungen durchzuführen“, so Resch weiter.
In der sechsseitigen Anklageschrift (‘Notice of Violation‘) vom 18.9.2015 legt die Washingtoner EPA offen, mit welchen illegalen Tricks VW und Audi gearbeitet und wie sie während der einjährigen offiziellen Untersuchung die Behörden fortwährend falsch informiert haben (Auszüge siehe Hintergrund am Ende der Pressemitteilung).
Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden auf Druck der Autoindustrie bis heute keine ausreichend wirksamen Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH vorliegenden Schreiben der EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-Pkw und den Widerstand gegen schnelle Kontrollen der tatsächlichen Dieselabgasemissionen durch die deutsche Bundesregierung.
Abschalteinrichtungen sind verboten
Wie in den USA, so regeln auch in Deutschland bzw. Europa eigentlich die Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008, dass die Abgasgrenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Normalbetrieb eingehalten werden müssen. Die Verwendung von ‘Abschalteinrichtungen‘ wie sie gerade in den USA VW und Audi zweifelsfrei nachgewiesen wurde, ist auch in Europa ausdrücklich verboten. Als Verstoß gilt zudem die Abgabe falscher Erklärungen bei Genehmigungsverfahren und Verfälschung von Prüfzeugnissen. Deutschland ist außerdem bei festgestellten Verstößen verpflichtet, Sanktionen festzulegen. Diese müssen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein – so wie dies uns Kalifornien vormacht. Schließlich ist die Übereinstimmung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge mit dem gemessenen Testfahrzeug nachzuweisen. Die Funktionsfähigkeit der emissionsmindernden Einrichtung muss schließlich während der normalen Lebensdauer der Fahrzeuge bei normaler Nutzung gegeben sein.
Und die umweltpolitische  Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marie-Luise Dött: „Die in den USA jetzt aufgedeckten Manipulationen bei den Abgasmessungen bei Fahrzeugen des Volkswagenkonzerns stellen einen schwerwiegenden Vertrauensmissbrauch für die Kunden aber auch für die Politik dar.
Ich erwarte zuerst natürlich vom Volkswagenkonzern, aber auch von anderen Automobilherstellern, klare und überprüfbare Darstellungen, dass derartige Aktivitäten ausgeschlossen werden und die Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesundheit der Bürger nicht nur in Worten und Hochglanzbroschüren, sondern mit belastbar nachprüfbaren Taten wahrgenommen wird.“