Seegraswiesen sind durch die Zunahme von Aquakulturen bedroht und werden geschädigt.  Mit der steigenden Anzahl der Zuchtteiche stellten die Forscher eine zunehmende Schädigung der Seegräser fest. Die Wuchsdichte nahm ab, die Artenvielfalt der Gräser sank, an stark belasteten Orten war der Seegrasbewuchs ganz zurückgegangen. Die Forschungsergebnisse wurden im Marine Pollution Bulletin veröffentlicht.
Ein Team von deutschen und chinesischen Wissenschaftlern, unter ihnen Wissenschaftler vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen, untersuchte auf der tropischen Insel Hainan Seegraswiesen in Küstengebieten, die unterschiedlich stark mit Garnelenteichen durchsetzt waren. „Wir konnten den Weg der Abwässer aus den Zuchtteichen bis ins Zellgewebe der Seegräser einige Kilometer vor der Küste verfolgen“, so der ZMT-Projektleiter Dr. Tim Jennerjahn. Während der beiden Expeditionen in 2008 und 2009 stellten die Forscher mit steigender Anzahl der Zuchtteiche eine zunehmende Schädigung der Seegräser fest. Die Wuchsdichte nahm ab, die Artenvielfalt der Gräser sank, an stark belasteten Orten war der Seegrasbewuchs ganz zurückgegangen.
Seegraswiesen bedecken weltweit eine Fläche von schätzungsweise 18 Millionen Hektar und spielen im globalen Kohlenstoffkreislauf eine außerordentlich wichtige Rolle als Kohlenstoffsenke. Sie dienen darüber hinaus als Kinderstube einer großen Anzahl wirtschaftlich wichtiger Fisch- und Schalentiere und sind eine Futterquelle für große Meerestiere wie Schildkröten und Seekühe.
Vor einigen Jahren schätzte ein internationales Autorenteam den ökonomischen Wert dieses Lebensraums auf 19.000 US Dollar pro Jahr und Hektar – mehr als doppelt so viel wie Mangroven, Korallenriffen oder dem tropischen Regenwald zugeschrieben wurde. Durch den Rückgang des Seegraswiesenbestands von jährlich sieben Prozent ist die Artenvielfalt in tropischen Küstengebieten akut bedroht. Das Bremer Zentrum für Marine Tropenökologie will daher seine Untersuchungen zur Reaktion der Seegraswiesen auf Umweltveränderungen in den kommenden Jahren intensivieren.
Dichter Teppich beschattet die Gräser
Die Forscher fanden eine große Menge an Schwebstoffen im Meer vor der Küste: organisches Material und Sedimente aus dem Hinterland, dazu Nahrungsabfälle und Exkremente der Zuchttiere aus den Teichen. Den Seegräsern nahmen sie das lebenswichtige Sonnenlicht. Kleinalgen, die als Epiphyten auf den Gräsern wachsen, hatten sich durch das Überangebot an Nährstoffen rapide vermehrt. „Wie ein dichter Teppich überzogen sie die Gräser und beschatteten sie“, beschreibt die Meeresökologin Dr. Lucia Herbeck vom ZMT ihre Beobachtungen. Die Wissenschaftler konnten außerdem nachweisen, dass die Seegräser giftigen Schwefelverbindungen ausgesetzt sind, deren Bildung durch Aquakulturabfälle angekurbelt wird.
Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 8,8% pro Jahr nimmt die Produktion von Fischen und Meeresfrüchten aus Aquakultur weltweit rasant zu, wobei China das Land mit den meisten Aquakulturanlagen ist. Für die Anlage von Zuchtteichen werden häufig Mangroven abgeholzt, welche eine wichtige Funktion als Filter von Nährstoffen, Schadstoffen und Sedimenten aus dem Hinterland haben. Gleichzeitig werden durch die meist ungefilterten Abwässer aus den Teichen zusätzliche Nährstoffe in die Küstengewässer geleitet mit bislang unbekannten Folgen für angrenzende Küstenökosysteme.
Die Forschungen waren Teil des vom ZMT geleiteten Großprojektes Land-Sea Interactions of Coastal Ecosystems in Tropical China (LANCET), welches gemeinsam mit der University of Hainan, dem Second Institute of Oceanography, der Ocean University of China, der East China Normal University, sowie der Universität Bremen und der Universität Hamburg von 2006 bis 2011 lief.