Die Brände im brasilianischen Amazonas-Regenwald haben in diesem Jahr eine Rekordzahl erreicht, so neue Daten der brasilianischen Raumfahrtagentur. Zudem nehmen die Sorgen über das Umweltmanagement des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zu. Die Kritik auch aus Europa an der brasilianischen Regierung nimmt zu. Der französische Präsident hatte die schweren Waldbrände im Amazonasgebiet am Donnerstag als „internationale Krise“ bezeichnet. Er wolle mit den anderen G7-Mitgliedern beim Gipfel in Biarritz am Wochenende „über diesen Notfall“ zu sprechen.
Zwischen Januar und August wurden inzwischen fast 73.000 Brände registriert, verglichen mit 39.759 im gesamten Jahr 2018, berichtet das National Institute for Space Research (INPE) Anfang der Woche. Der Anstieg markiert einen Anstieg von 83 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres und ist der höchste seit Beginn der INPE-Rekorde im Jahr 2013.
Auf aktuellen  Satellitenbilder wurden seit vergangenem Donnerstag allein mehr als 9.500 neue Waldbrände entdeckt, vor allem im Amazonasbecken, wo sich der größte Tropenwald der Welt befindet und als unentbehrlich angesehen wird, um das Tempo der globalen Erwärmung zu verzögern.
Die Bilder zeigten den nördlichsten Bundesstaat Roraima, der mit dunklem Rauch überzogen ist, während der benachbarte Bundesstaat Amazonas im Süden und in seiner Hauptstadt Manaus einen Ausnahmezustand wegen der Brände erklärte. Acre, an der Grenze zu Peru, ist seit Freitag wegen der Brände auf Umweltalarm.
Ein Stromausfall im Laufe des Montags in Sao Paulo, der durch Rauch verursacht wurde, der durch starke Winde von Waldbränden im mehr als 2.700 Kilometer entfernten Amazonas und im Bundesstaat Rondonia verursacht wurde, veranlasste Zehntausende von Menschen, in den sozialen Medien ihre Besorgnis über den Zustand des Amazonas-Regenwaldes zum Ausdruck zu bringen.
Der Hashtag #prayforamazonia wurde später zu einem globalen Twitter-Trend, wobei einige Kommentatoren Bolsonaro kritisierten, weil er nicht genug für den Umweltschutz unternimmt.
Die beispiellose Zunahme der Brände ist seit dem Amtsantritt von Bolsonaro im Januar eingetreten, der sich entschied, die Amazonasregion für Landwirtschaft und Bergbau zu entwickeln, wobei die internationale Besorgnis über die zunehmende Entwaldung ignoriert wurde.
Waldbrände treten in Brasilien oft in der Trockenzeit auf, die Ende Oktober oder Anfang November endet, aber sie werden auch bewusst bei der illegalen Rodung von Wäldern für die Viehzucht eingesetzt.
Die brasilianische Umweltagentur INPE erläutert, dass die große Zahl der Waldbrände nicht allein auf die Trockenzeit oder Naturphänomene zurückzuführen sei. „Das diesjährige Klima und die etwas unterdurchschnittlichen Niederschläge im Amazonasgebiet sind nicht ungewöhnlich“, sagt INPE-Forscher Alberto Setzer.
Auf die Frage nach den Untersuchungsergebnissen der Umweltagentur erklärte die Agentur, dass die Abholzung des Amazonasgebietes im Juni unter Bolsonaro in rasant zugenommen habe.  „Das diesjährige Klima und die etwas unterdurchschnittlichen Niederschläge im Amazonasgebiet sind nicht ungewöhnlich“, sagt INPE-Forscher Alberto Setzer. Auf die Frage nach den Ergebnissen der Agentur antwortete Bolsonaro mit weit reichenden Bedenken und sagte, es sei die Zeit des Jahres der „queimada“ oder des Brandes, in der die Bauern mit Feuer das Land räumen.
„Ich wurde früher Captain Kettensäge genannt. Jetzt bin ich Nero, der den Amazonas in Brand setzt. Aber es ist die Saison der Queimada“, wurde der brasiliansche Präsident von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert.
Abholzungswellen
Umweltaktivisten wiesen unterdessen auf eine jüngste Zunahme der Entwaldung als Auslöser für die Brände hin. „Was wir sehen, ist eine Folge der Zunahme der Entwaldung, die in den letzten Zahlen zu sehen ist“, sagte Ricardo Mello vom Amazonasprogramm des WWF. Im vergangenen Monat veröffentlichte INPE vorläufige Daten, die zeigen, dass die Abholzung im brasilianischen Teil des Amazonas-Regenwaldes im Juni um mehr als 88 Prozent gestiegen ist, verglichen mit dem gleichen Monat vor einem Jahr, dem zweiten Monat in Folge, in dem die Waldvernichtung unter Bolsonaro zugenommen hat.
Der Präsident entließ – den Überbringer der schlechten Botschaft –  nämlich den Direktor des INPE nach der Veröffentlichung der Statistiken. Jair Bolsonaro begründete dass damit, dass die gelieferten Unterlagen seien ungenau seien und den Ruf Ruf Brasiliens im Ausland. beschmutzten.
Nunmehr haben Irland und Frankreich gedroht, dass neue Mercosur Abkommen zu blockieren, wenn Bolsonaro nicht mehr dazu beitrage,  die Umwelt Brasiliens zu schützen, und zwar im Rahmen des richtungsweisenden Freihandelsabkommens, das über zwei Jahrzehnte zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Block Mercosur – dem Brasilien angehört – ausgehandelt und im vergangenen Monat vereinbart wurde. Der Pakt verpflichtet Brasilien nämlich sich an das Pariser Klimaabkommen zu halten, aus dem Bolsonaro drohte auszusteigen, und zielt auch auf die Beendigung der illegalen Abholzung, auch im brasilianischen Amazonasgebiet. Angesichts des Anstiegs der Entwaldung haben Norwegen und Deutschland zig Millionen Dollar an Amazonasschutzsubventionen für den Amazonasfonds gestoppt und Brasilien vorgeworfen, dem Kampf gegen die Entwaldung den Rücken zu kehren.
Der Schritt erfolgte, nachdem die Verwaltung von Bolsonaro einseitig die Governance-Struktur des Fonds geändert und den Lenkungsausschuss geschlossen hatte, der die zu unterstützenden Projekte auswählt und keinen formellen Vorschlag für die Zusammensetzung eines neuen Ausschusses unterbreitet hatte. Bolsonaro reagierte wütend auf die Aussetzung der Finanzierung und sagte, Brasilien werde sich nicht von den Geberländern belehren lassen. „Ist Norwegen nicht das Land, das Wale dort oben am Nordpol tötet?“, fragte er Reporter. „Nimm das Geld und hilf Angela Merkel beim Wiederaufforstung Deutschlands“.
Der Ton zwischen Frankreich und Brasilien hat sich unterdessen verschärft. Der französische Präsident Emmanuel Macron will die schweren Waldbrände im Amazonasgebiet auf die Tagesordnung setzen, Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt dies.  Jenseits des Atlantiks schimpft nun der brasilianische Präsident, der nicht am Gipfel teilnimmt, und wirft seinem französischen Amtskollegen Einmischung in innere Angelegenheiten und eine „kolonialistische Mentalität“ vor.

Wobei ganz uneigennützig handeln auch die Franzosen nicht, denn die Pariser Regierung befürchtet, dass durch das Mercosur-Abkommen französische Rinderzüchter betroffen sind,  die gegen den Import billigen Fleisches aus Brasilien geschützt werden sollen. Anfang Juli  hatten sich die Franzosen deshalb gegen  eine rasche Ratifizierung des mit der EU ausgehandelten Vertrags ausgesprochen und zusätzliche „Garantien“ für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes gefordert.
Inzwischen geht auch Deutschland stärker auf Distanz, während bis zum Ende dieser Woche noch die Devise galt, an dem ausgehandelten Deal festzuhalten, sind jetzt erste Absetzbewegungen zu erkennen. So sagte Außenminister Heiko Maaß der Bild-Zeitung, dass Nachhaltigkeit ein wesentliches Element dieses Abkommens sei. Brasilien habe sich verpflichtet, die Entwaldung zu bekämpfen. Die Brände zeigten auf dramatische Weise wie dringend notwendig das sei.