Der viel diskutierte demografische Faktor ist nicht nur ein Thema für Europa. Auch andere Regionen und Kulturen haben ihren Blick darauf geworfen, allem vor dem Hintergrund der Globalisierung. Auch in anderen Kulturkreisen fallen die klassischen Familienstrukturen auseinander.
Wie ältere Menschen in asiatischen Großstädten leben und welche Veränderungen sie in ihrem Lebensumfeld beobachten, zeigt die Online-Dokumentation „Elderscapes“:
Das transmediale Angebot haben Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg eingerichtet. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Altern im Transkulturellen Kontext“ begleiteten sie ältere Menschen in Delhi (Indien) und Kathmandu (Nepal) und führten Gespräche mit ihnen über ihren Alltag, ihre sozialen Kontakte und ihre Perspektiven. Daraus entstanden Kurzfilme und Textbeiträge, die in dem englischsprachigen Internetportal präsentiert werden.
„Im heutigen Asien wachsen Großstädte rasant, und die Anzahl der Menschen im Seniorenalter wird größer. Wie sich die Gesellschaft an die neuen Gegebenheiten anpasst und welche Formen sowohl der urbane Wandel als auch der Wandel der Familienstrukturen annimmt, ist Gegenstand unserer Untersuchungen“, sagt Annika Mayer. Wie die Ethnologin erläutert, leben die meisten Menschen in Asien mit ihrer Familie zusammen. Doch sind immer mehr Senioren aus der Mittelschicht mittlerweile auf sich allein gestellt. Ein Grund liegt in der Migrationsbewegung junger Menschen, die ins Ausland gehen und sich dann nur noch aus der Ferne um ihre älteren Verwandten kümmern können. So verändern sich Familienstrukturen, und es entstehen neue Formen der Pflege und Unterstützung, erklärt Annika Mayer.
www.uni-heidelberg.de/elderscapes.
Pflegeheime nehmen zu
Im Zuge dieses Wandels nimmt die Zahl der Pflegeheime für Senioren zu. Gleichzeitig ist eine stärkere soziale Vernetzung sichtbar, wie mehrere Filme dieses Forschungsprojekts dokumentieren. In Delhi beispielsweise treffen sich regelmäßig Senioren zum Yoga und zum Austausch in einem großen Park. Auch gemeinsame Tempelbesuche bieten Gelegenheit zu sozialer Interaktion, wie etwa im Doleshwor Mahadev Tempel bei Kathmandu.
In der nepalesischen Großstadt hat Roberta Mandoki, die ebenfalls als Ethnologin tätig ist, zahlreiche Interviews mit älteren Menschen geführt und sie zu ihren Erfahrungen mit den neuen Lebensumständen im städtischen Alltagsleben befragt: „In den Erinnerungen älterer Menschen wird sowohl ihre persönliche Lebensgestaltung als auch der Wandel der Stadt sichtbar. So lernen wir viel über ihre Beziehung zur Stadt und über urbane Entwicklungen.“
Visuelle Ethnologie
Die interaktive und grafisch aufgebaute Online-Dokumentation „Elderscapes. Ageing in Urban South Asia“ basiert auf Konzepten der visuellen Ethnologie. Sie bietet einzeln abrufbare Kurzfilme und Textelemente, die es ermöglichen, in selbstgewählter Reihenfolge und Dauer sein Wissen zu dem Thema zu erweitern. Entwickelt wurde sie von den beiden Doktorandinnen Roberta Mandoki und Annika Mayer im Forschungsprojekt „Altern im transkulturellen Kontext“, das am Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ angesiedelt ist, und dem Filmemacher Jakob Gross. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts liegt bei der Anthropologin Prof. Dr. Christiane Brosius, dem Indologen Prof. Dr. Axel Michaels sowie dem Gerontologen Prof. Dr. Andreas Kruse.
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