Ernährungssicherhheit ist in vielen Staaten der Erde auf die Tagesordnung gerückt. In diesem Feld geht es nicht nur um die Fragen von sauberen, unbedenklichen Lebensmitteln, sondern auch darum, wie man Zugang zu Anbauflächen erhält und sie sichert. Politisch rückt das Thema immer stärker in den Fokus, da inzwischen große Konzerne und Staaten riesige Flächen aufkaufen oder pachten, um die Lebensmittelzufuhr für ihre Staaten zu sichern.
In Zukunft wird dieser Problematik mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden und schon jetzt schält sich ein erhebliches Konfliktpotenzial heraus. Umso interessanter sind dann wissenschaftliche Forschungen, die sich um die Pflanzen selbst drehen, denn auch in der Forschung rund um Nahrngsmittel wird immer wichtiger.
Nun haben Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München (HMGU) in Zusammenarbeit mit der International Wheat Genome Initiative neue Einblicke in das komplizierte Wechselspiel der Regulation der Gene und Proteine des Weizens erforscht. Dabei deckten sie Grundlagen der vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten des Weizens auf und entschlüsselten die Wege seiner stammesgeschichtlichen Entwicklung. Die Untersuchungen bilden die Basis für die Regulation eines polyploiden* Genoms. Die Ergebnisse sind nun gesammelt in vier Publikationen der renommierten Fachzeitschrift ‚Science‘ erschienen.
Weizen (Triticum aestivum L.) ist das am weitesten verbreitete Getreide. Es stellt 20 Prozent der Kalorien, die von der Menschheit verbraucht werden. Als polyploide Pflanze enthält Weizen sechs Kopien seiner genetischen Ausstattung (hexaploid) und übersteigt die Größe des menschlichen Genoms um mehr als das fünffache. Dies macht die Forschung am Genom besonders schwierig.
Dr. Klaus Mayer, Leiter der Abteilung Genomik und Systembiologie pflanzlicher Genome am HMGU, konnte nun gemeinsam mit seinen Kollegen Matthias Pfeifer, Dr. Karl Kugler und Manuel Spannagl Einblicke in das komplexe Wechselspiel der Regulation, wie z.B. Gene in verschiedenen Stadien der Kornentwicklung abgelesen werden, gewinnen. „Unsere Untersuchungen helfen uns zu verstehen, wie ein polyploides Gen reguliert wird. Dies wird zukünftige Züchtung, landwirtschaftlichen Anbau und industrielle Eigenschaften von Weizen beeinflussen“, sagt Mayer.
Verstehen als Grundlage der Züchtung
Die nun entdeckten, ganz spezifischen Aktivitäten des Weizens zwischen und innerhalb der Chromosomen, lassen viele verschiedene Anpassungsmöglichkeiten an die Umwelt zu. „Je besser wir die Organisation, Funktion und Evolution des großen, polyploiden Genoms verstehen, umso leichter können wir die für die Züchtung wichtigen Gene identifizieren“, erklärt Mayer. „So wird es möglich, für unterschiedliche Standorte eine möglichst geeignete Pflanze zu züchten“.
Lange Entstehungsgeschichte – viele Entwicklungsmöglichkeiten
Auf etwa sieben Millionen Jahre zurück können die Wissenschaftler nun einen gemeinsamen Vorfahren des Weizen-Typs ‚A‘ und ‚B‘ datieren. Aus diesen ist ein bis zwei Millionen Jahre später ein weiterer, eigenständiger Typ ‚D‘ hervorgegangen. „Wir haben herausgefunden, dass unser heutiges Brotweizengenom das vorläufige Endprodukt einer Vielzahl von Kreuzungen und Hybridisierungen während der Artenentwicklung des Weizens ist. Deshalb müssen wir es als ein stammesgeschichtlich vielschichtiges Mosaik verstehen“, erläutert Mayer.
Durch den Vergleich verschiedener, ausgewählter Genome des Weizens ist klar geworden, dass für verschiedene Zwecke unterschiedliche (Sub-)Genome bevorzugt und genutzt werden. Es fand sich keine Dominanz für ein bestimmtes Genom. „Die neu gewonnenen Einsichten in die Biologie des Weizengenoms ermöglichen uns, Gene rascher zu isolieren und die Entwicklung von Markern für die Züchtung voranzutreiben. Das sind die Grundbausteine für die Herausforderung, den zunehmenden Bedarf der Welternährung bei stagnierenden Erträgen, Pflanzenkrankheiten und einem sich ändernden Klima erfolgreich zu begegnen“, sagt Mayer.
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