Die USA mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Verbindung zu bringen – das wirkt auf viele Deutsche erst einmal absurd. Denn jahrzehntelang haben sich die USA eher als sorglose Umweltsünder präsentiert, die sich mit China ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die höchsten CO2-Emissionen lieferten. Die US-Immobilienbranche wurde bisher höchstens mit dem LEED-Zertifikat beim Bau von Immobilien mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Doch mittlerweile gibt es auch Bemühungen, Bestandsimmobilien nachhaltig zu bewirtschaften.
Umweltschutz und Nachhaltigkeit genießen insgesamt in den USA inzwischen hohe Priorität. So hat Michael Bloomberg 2007, damals Bürgermeister von New York, den Masterplan PlaNYC initiiert. Der Plan enthält Maßnahmen, um den Klimawandel zu bekämpfen, und brachte mehr als 25 verschiedene Behörden zusammen, um an der Vision einer grüneren Stadt New York zu arbeiten.
Dass Umweltschutz in den USA angekommen ist, zeigt sich auch in der Immobilienwirtschaft. Immer mehr Marktteilnehmer beachten Nachhaltigkeitskriterien nicht nur bei Neubauten. Auch bei Bestandsobjekten macht man sich zunehmend Gedanken, wie die Nachhaltigkeit verbessert werden kann. Oft ist das Erreichen entsprechender Nachhaltigkeitsziele im Bestand deutlich schwieriger als bei Neubauten, und dennoch werden diese Ziele erfreulich oft angestrebt und erreicht.
Um diese Entwicklung zu fördern, hat das Institute for Market Transformation gemeinsam mit dem US-Umweltministerium im Jahr 2014 zum ersten Mal Immobilienunternehmen mit dem Green Lease Leader Award ausgezeichnet. Ausgezeichnet wurden Firmen, die in ihre Gewerbemietverträge Klauseln aufgenommen haben, die zu Energieeinsparungen führen. Dabei bewertete eine Jury Aspekte wie etwa vertragliche Mieterzusagen zur Umsetzung von Energiesparmaßnahmen, deren Kostenteilung zwischen beiden Vertragsparteien und die Transparenz beim Energieverbrauch.
Mietvertrag als Hebel
Der effektivste Hebel für mehr Nachhaltigkeit bei Bestandsimmobilien ist der Mietvertrag, in den entsprechende Klauseln aufgenommen werden müssen. Diese Klauseln schaffen für die Mieter Anreize, in energiesparende Maßnahmen zu investieren, indem sie an den Ersparnissen partizipieren. Solche Maßnahmen können zum Beispiel die Installation von energieeffizienten LED-Lampen, automatische Lichtabschaltungen oder der Einbau von Steuerungs-Systemen für Klimaanlagen sein. Eine Aufgabe der Asset- Manager besteht darin, im zweiten Schritt den Mietern in den Vertragsverhandlungen den Nutzen dieser Klauseln aufzuzeigen. Im dritten Schritt sollten Beispiele für nachhaltige Mietvertragsklauseln zusammengetragen werden, um daraus eine Sammlung an grünen Klauseln zu entwerfen, die auf eine Vielzahl von Objekttypen und Mietern anwendbar sind. Das Thema Nachhaltigkeit sollte regelmäßig vom Asset-Management kontrolliert und besprochen werden. Denn ohne die Einbeziehung der Asset- und Vermietungsmanager wäre es nicht möglich, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Denn sie sind es, die das Programm den Mietern nahebringen.
Fallbeispiel Ponce City Market
Ponce City Market ist der größte historische Backsteinbau im Südosten der USA – ein ehemaliges Logistik- und Einzelhandelsgebäude aus dem Jahr 1926. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie ernst Umweltschutz und Nachhaltigkeit mittlerweile in der US-Immobilienwirtschaft genommen wird.
In den vergangenen zwei Jahren wurde Ponce City Market zu einem gemischt genutzten Objekt mit 77.000 Quadratmetern Büro-, Gastronomie- und Einzelhandelsflächen sowie rund 260 Wohnungen mit insgesamt knapp 22.500 Quadratmetern Wohnfläche umgebaut.
Nach der Revitalisierung wird sich Ponce City Market mit drei LEED Nachhaltigkeitssiegeln schmücken können: für das Gesamtobjekt ohne Innenausstattung, für die Wohnungen und für die Innenausstattung der JAMESTOWN-Büros in Ponce City Market. Die nachhaltige Bauweise führt zu Energieeinsparungen von 10,8 Prozent, was jährlichen Ersparnissen von 1,3 Millionen Kilowattstunden entspricht. Wassersparende Armaturen reduzieren den Wasserverbrauch um fast 25 Millionen Liter im Jahr. Zum Vergleich: Dieselbe Menge verbrauchen etwa 6.800 Personen im Schnitt in Deutschland jeden Monat. Neun Aufzüge in Ponce City Market verfügen über Nutzbremsen, die beim Abbremsen Bewegungsenergie in elektrische Energie umwandeln. Die dadurch eingesparte Energie entspricht dem Jahresstromverbrauch von 7,5 Haushalten.
Neben der energiesparenden Nutzung des Gebäudes wurden auch bei diesem Objekt entsprechende grüne Mietverträge abgeschlossen. Entsprechende Klauseln in den Mietverträgen gewährleisten eine energiesparende Nutzung des Gebäudes und verteilen die Kosten für künftige Energiesparmaßnahmen so, dass sich die Investitionen für Mieter und Vermieter rechnen. An diesen Beispielen zeigt sich, wie „grün“ auch die US-Immobilienbranche mittlerweile geworden ist – allen möglichen Vorurteilen zum Trotz.
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Der Autor:
Dr. Jürgen Gerber, ist Geschäftsführer der JAMESTOWN US-Immobilien GmbH,
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