Vor einiger Zeit beschloss die Europäische Zentralbank grüner zu werden. EZB Chefin Christin Lagarde hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, dass sie es  für richtig halte, wenn die Europäische Notenbank mehr „grüne“ Unternehmensanleihen kaufen würde.  

Damit folgt die Bank einer Entwicklung, denn die sogenannten ESG Kriterien, die für die nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen stehen. Diese gehören seit längerer Zeit schon zu den Entscheidungskriterien von Anlegern und Vermögensverwaltern. So hat sich zum Beispiel der weltweit große Vermögensverwalter Blacrock verpflichtet, sich von Investments zu trennen, die mehr als 25 Prozent Umsatz mit Kohle machen. Und für die EZB steht fest, dass der Klimawandel  Unternehmen treffen kann, die die Preisstabilität der Eurozone treffen können. Doch Greenpeace geht der Umbau der EZB und ihre Politik zu langsam. Anfang der Woche wies die Nichregierungsorganisation darauf hin, dass weit mehr als die Hälfte der von der Europäischen Zentralbank (EZB) erworbenen Unternehmensanleihen (63 Prozent) aus wenigen Sektoren stammen, die mit ihrem CO2-Ausstoß massiv zur Klimakrise beitragen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie von Greenpeace, der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich (Studie: https://bit.ly/37qEZJn). Ausgangspunkt für die Analyse sind die von der EZB im Rahmen ihres Ankaufprogramms CSPP erworbenen Bestände an Unternehmensanleihen mit einem Umfang von 242 Milliarden Euro Ende Juli.

„Die EZB braucht eine klimafreundliche Neuausrichtung. Dafür muss sie ihre Geldpolitik schleunigst in Einklang mit den Pariser Klimazielen bringen und damit den Rahmen für ein grünes europäisches Finanzwesen setzen“, sagt Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace.

Die ökologische Unwucht der getätigten EZB-Käufe fällt noch schwerer ins Gewicht, wenn man den Beitrag der begünstigten Sektoren zu Beschäftigung und Wertschöpfung betrachtet: 63 Prozent der von der EZB gehaltenen Anleihen stammen aus kohlenstoffintensiven Sektoren, die lediglich 18 Prozent zur Beschäftigung und 29 Prozent zur Bruttowertschöpfung in der Eurozone beitragen. Die neue Studie erscheint im Vorfeld eines angekündigten Treffens der EZB mit Stimmen aus der Zivilgesellschaft, bei dem auch diskutiert wird, wie die geldpolitischen Leitlinien der Notenbank neu auszurichten sind. „Die EZB hat jetzt die Chance, zuzuhören und ihren geldpolitischen Fehlkurs im Rahmen ihrer angekündigten Neuausrichtung zu korrigieren“, sagt Vargas. „Damit würde sie auch mehr progressive Finanzinstitute ermutigen, sich aus der Finanzierung klimaschädlicher Geschäftsmodelle zu verabschieden.“

Zwei Lösungswege für die EZB

Die Studie zeigt in zwei Szenarien auf, wie die EZB mit einfachen Korrekturen die ökologischen Unwuchten ihrer aktuellen Geldpolitik überwinden kann. Dazu muss sie insbesondere ihre Kriterien zur Marktneutralität überarbeiten und Klimarisiken einbeziehen. Das erste Szenario sieht vor, den Ankauf von Anleihen aus kohlenstoffintensiven Unternehmen zu reduzieren und mehr Anleihen von Firmen mit besserer CO2-Bilanz zu erwerben. Im zweiten Szenario werden alle Anleihen von klimaschädlichen Unternehmen aus dem Portfolio entnommen und Anleihen klimafreundlicherer Firmen hinzugefügt, indem die Kaufkriterien geändert werden. „Die Notenbanken dürfen nicht länger stur am Bewertungssystem der Ratingagenturen festhalten, sondern müssen Klimarisiken deutlich stärker miteinbeziehen“, sagt Vargas. „Das gilt insbesondere für die Deutsche Bundesbank als integraler Bestandteil des EZB-Systems, die beim Klimaschutz als Bremsklotz agiert.“