Diese Woche spekulierte das Handelsblatt über eine sich aufbauende Immobilienblase. Grundlage ist unter anderem eine Untersuchung des Marktforschungunternehmens Empirica, das in vielen deutschen Städten eine Blasengefahr am Immobilienmarkt sieht. Eine Blasengefahr besteht dann, wenn Kaufpreise schneller als Mieten steigen und Kaufpreise schneller als Einkommen steigen sowie in spekulativer Erwartung immer mehr Wohnungen gebaut und immer mehr Kredite aufgenommen werden.

Immobilienexperte Axel von Saldern weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass Lieferengpässe, Nachholeffekte einer pandemiebedingten abgesenkten Mehrwertsteuer, höhere Klimakosten und hier insbesondere die Bepreisung von CO2, sich zeitverzögert auch auf die Immobilienpreise niedergeschlagen haben.

Die nicht funktionierenden Lieferketten hätten beispielsweise zu immens steigenden Kosten bei Bauholz geführt. „Auf den Märkten herrscht Wildwest“, weiß Axel von Saldern zu berichten. Das habe vor allem mit internationalen Entwicklungen zu tun und nicht so sehr mit nationalen Märkten. „First come, first serve“. So hätten US-amerikanische und chinesische Unternehmen im großen Maßstab deutsches Holz aufgekauft. So sind die Exporte nach Übersee in diesem Jahr um etwa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Markt wurde leergekauft.

„Diese Merkmale der steigenden Preise seien aber kein Grund von einer Immobilienblase auszugehen“, so von Saldern.

Analyse des Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp)

Ähnlich sieht dies der  Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), der Anfang dieses Monats die in Deutschland stark gestiegenen Wohnimmobilienpreise analysiert hat. Der Verband sieht als Grund die Miet- und Zinsentwicklung. Der Verband bezieht sich auf eine Analyse, die die Immobilienmarktforschungsgesellschaft vdpResearch erstellt und dabei die Preisentwicklung in den vergangenen zehn Jahren untersucht hat.

Anlass für die Analyse war das anhaltende Preiswachstum bei Wohnimmobilien in Deutschland: So legten die Wohnimmobilienpreise in den Jahren 2011 bis 2015 im Durchschnitt jährlich um 4,3 Prozent zu. Hierauf folgte ein mittlerer jährlicher Preisanstieg von sieben Prozent in dem Zeitraum von 2016 bis 2020. Im ersten Halbjahr 2021 verteuerten sich Wohnimmobilien nominal um 9,6 Prozent, nach einem Preisanstieg von 6,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2020.

„Die Preisanstiege auf dem Wohnungsmarkt sind nicht spekulativ getrieben, sondern die Folge angespannter Mietmärkte und extrem niedriger Zinsen“, erläuterte Hauptgeschäftsführer des vdp Jens Tolckmitt. „Damit sind die starken Preisanstiege weiterhin weitgehend fundamental erklärbar.“

Das Spotlight „Wohnimmobilienpreise: Was geht ab?“ analysiert die Entwicklung der Preise für Eigentumswohnungen und der Kapitalwerte für Mehrfamilienhäuser für Deutschland insgesamt als auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Es wird das Preiswachstum in den Einfluss von Mieten und Liegenschaftszins zerlegt. Dabei zeigt der Leiter Immobilienmarktforschung der vdpResearch Dr. Franz Eilers auf, dass diese beiden Größen zusammengenommen den Anstieg der Wohnimmobilienpreise umfassend begründen. Aufgrund der fundamental begründbaren Preisentwicklung ist nicht von einer Immobilienblase auszugehen.

„Liegenschaftszinsen sind konzeptionell vergleichbar mit der Gewinnrendite von Aktien. In den letzten zehn Jahren sind diese Liegenschaftszinsen deutlich gesunken“, erklärte Eilers. „Dies bedeutet, dass heute bei gegebenen jährlichen Nettomieteinnahmen höhere Kaufpreise verlangt und gezahlt werden als noch vor zehn Jahren.“

Die Gründe liegen in der Überschussnachfrage nach Wohnimmobilien als Lebensmittelpunkt und Kapitalanlage, die sich vor allem aus den niedrigen Kreditzinsen, den sinkenden Renditen alternativer Kapitalanlagen und einer positiven Einschätzung der weiteren Immobilienmarktentwicklung speist.

Fazit

„Sollte es zu einer Veränderung der Fundamentaldaten wie beispielsweise bei den Zinsen kommen, so führt dies nicht zu einem Preiseinbruch, sondern zu einem Auslaufen auf hohem Niveau“, betonte Tolckmitt.

„Ein Einbruch der Wohnimmobilienpreise ist sehr unwahrscheinlich, denn dafür müssten viele Wohn- und Hauseigentümer innerhalb kurzer Zeit versuchen, ihr Wohneigentum unter allen Umständen zu verkaufen. Ein solches Szenario ist nicht in Sicht – auch dann nicht, wenn die Zinsen steigen sollten.“

Zudem sind von der Zinsentwicklung auch keine zusätzlichen Anstiegsimpulse auf die Preisentwicklung zu erwarten.

„Vor diesem Hintergrund sollten sich die Wohnimmobilienpreise weniger dynamisch entwickeln als zuletzt“, sagte Eilers. Darüber hinaus könne – aufgrund der aktuellen Höhe sowie des daraus entstehenden Mobilitätsverhaltens und anderer sozial-ökonomischer Konsequenzen – mit einer Abschwächung des Anstiegs der Neuvertragsmieten gerechnet werden.