Wie kann die Luftfahrt der Zukunft aussehen? Ein wesentlicher Baustein wird auch hier das Thema Wasserstoff sein. Nun arbeiten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG) und der Technischen Universität Hamburg und Airbus zusammen gemeinsam an einem Gesamtkonzept für die Luftfahrt der Zukunft. Es hat den Titel: „Green Operation for Future Aviation“. Das Ziel ist die kostengünstige und effiziente Versorgung eines Produktionsstandortes mit Wasserstoff am Beispiel des Airbus-Areals in Hamburg-Finkenwerder.
Die deutsche Klimapolitik sieht vor, bis 2050 den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Bis dahin gibt es viele Zwischenziele. Um diese zu erreichen, müssen fossile Energieträger sukzessive ersetzt werden. Wesentlich dabei ist die Umstellung des Verkehrssektors in allen Bereichen – Luftfahrt, Schifffahrt und Straßenverkehr.
Der grüne Energieträger Wasserstoff ist als einer der wesentlichen Bausteine unerlässlich und wird gerade den Luftfahrtstandort Hamburg maßgeblich verändern: angefangen von der Qualifizierung rund um Wasserstoffsysteme und Brennstoffzellentechnik bis zum späteren Bau von Flugzeugen, deren Energieversorgung zukünftig mit Wasserstoff laufen könnte.
Der Luftfahrtkonzern Airbus will bis zum Jahr 2035 das erste wasserstoffbetriebene Verkehrsflugzeug in den kommerziellen Einsatz bringen. Für die Markteinführung von Wasserstoffflugzeugen muss entsprechend früh die Möglichkeit zur Betankung erprobt sowie die Implementierung ins Werksgelände etabliert werden.
„Wir werden uns im Projekt ‚Green Operation of Future Aviation‘ mit den Fragen auseinandersetzen: Wie kann die Versorgung mit Wasserstoff für den Produktionsstandort effizient und wirtschaftlich realisiert werden, um eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen? Wie können neue Produkte und Anwendungen im Werk mit Wasserstoff versorgt werden?“, erklärt Professor Thomas Klassen, Koordinator des Projektes und Leiter des HZG-Instituts für Wasserstofftechnologie.
Ziel des Projekts „Green Operation of Future Aviation“ ist die Entwicklung eines Konzeptes für eine kostengünstige und effiziente Wasserstoffinfrastruktur am Beispiel des Airbus-Standortes in Hamburg-Finkenwerder. Dieses wird wissenschaftlich vom Institut für Wasserstofftechnologie des HZG und dem Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der TU Hamburg ausgearbeitet und anschließend wirtschaftlich bewertet. Airbus selbst stellt benötigte Daten zur Verfügung. Finanziert wird das Projekt von der Stadt Hamburg, konkret der Behörde für Wirtschaft und Innovation, mit knapp 1,4 Millionen Euro.
Der Hamburger Senator für Wirtschaft und Innovation Michael Westhagemann: „Als drittgrößter ziviler Luftfahrtstandort der Welt setzen wir alles daran, die Branche nachhaltiger und umweltverträglicher zu machen. Damit wollen wir dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig gestärkt und innovativ aus der Krise hervorzutreten. Dass dabei Wasserstoff eine wesentliche Rolle spielt, steht für mich außer Frage. Zu klären wird sein, in welchen Bereichen genau Wasserstoff am sinnvollsten eingesetzt werden kann – sei es in der Produktion, in der Betankung in Form von Flüssigwasserstoff zum Betrieb der Kabinenelektronik oder Triebwerke oder der Versorgung der Werkshallen. Am Ende des Projekts werden wir darauf Antworten haben und dem Ziel einer „Zero Emission Luftfahrt“ einen Schritt näher sein.“ Das Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren und endet Ende September 2022.
„Wasserstoff wird künftig nicht nur beim Betrieb von Flugzeugen eine Schlüsselrolle spielen. Die Technologie ist auch branchenübergreifend als Energieträger für Industrie und Mobilität am Boden sehr vielversprechend. Wir haben seit Jahrzehnten enge Partnerschaften mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen am Standort Hamburg. Daher freuen wir uns sehr, dass diese Zusammenarbeit nun auch bei der Zukunftstechnologie Wasserstoffnutzung noch weiter ausgebaut wird”, sagt Dr. André Walter, Vorsitzender der Geschäftsführung von Airbus Commercial in Deutschland und Leiter des Werks Hamburg.
Für das Konzept am Beispiel des Werkes Hamburg-Finkenwerder wird das Team zunächst eine Standortanalyse erarbeiten und untersuchen, in welchen Anwendungen Wasserstoff – außer in der Flugzeugbetankung – noch vorteilhaft eingesetzt werden kann. Außerdem wird analysiert, wie sich die Nachfrage nach Wasserstoff in den kommenden Jahren entwickeln könnte. Anschließend werden die unterschiedlichen und sich über die kommenden Jahre sicherlich stark verändernden Optionen für die Versorgung mit Wasserstoff analysiert. Dabei werden die eigene lokale Erzeugung, die Abnahme aus regionalen Wasserstoffquellen, die nationale Versorgung und der Import von Wasserstoff, zum Beispiel aus Südeuropa, Nordafrika (Tunesien) und Australien, berücksichtigt. Zusätzlich werden unterschiedliche Speicheroptionen betrachtet. „Ein auf alle diesen Faktoren basierendes Modell ermöglicht die Optimierung der gesamten Wasserstoffversorgung einschließlich der Nutzung hinsichtlich der Kosten, der energetischen Effizienz und der Emissionen – unter Berücksichtigung der jeweiligen Abhängigkeiten und zu erwartenden zeitlichen Entwicklung“, fasst Prof. Martin Kaltschmitt, Leiter des Instituts für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Hamburg, zusammen.
Aus den Ergebnissen wird ein langfristiges Gesamtkonzept für den Auf- und Ausbau der Wasserstoffversorgung und -nutzung im Airbus-Werk Finkenwerder abgeleitet, das als Grundlage für Investitionsentscheidungen am Standort dienen kann. „Anschließend kann das entwickelte Konzept als Ausgangspunkt für den Aufbau von Flughafen- Versorgungsinfrastrukturen oder auch für Betriebe, die Fahrzeuge und Schiffe herstellen, genutzt werden“, sagt Thomas Klassen.
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