Vor 16 Jahren wagten sich nur ein paar Historiker, Archäologen und Abenteuertouristen in den Dschungel zu der Tempelstadt Sambor Prei Kuk, deren erste Bauwerke aus dem 7. Jahrhundert stammen. Heute bemüht sich die Regierung von Kambodscha, dass dieser historische Schatz in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen wird.
„Das Konzept zur Bewerbung basiert auf dem Entwicklungsplan der GIZ“, sagt Peter Bolster rückblickend. Für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH hatte der Wahl-Berliner im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit kambodschanischen Partnern über fünf Jahre die Ärmel hochgekrempelt, um Touristen in die bitterarme und entlegene Region zu locken und neue Jobs zu schaffen. 2011 ist das Projekt nordöstlich der Stadt Kampong Thom offiziell ausgelaufen, lebt aber durch Ideen und Tatkraft Einheimischer weiter.
Die Tempelanlage wurde in den letzten Jahren touristisch viel besser erschlossen. „Etliche Familien in unseren Dörfern vermieten Zimmer, kochen für Gäste aus vielen Ländern“, sagt Siem Norm. Der 52-jährige Kommunen-Chef von sieben Dörfern in der Nähe von Sambor Prei Kuk unterhält sich mit zwei Kanadiern und ein paar jungen Männern, die mit Unterstützung der GIZ Englisch- und Tempelführer-Schulungen erhalten haben. Siem Norm fügt hinzu: „Auch Straßen und Wege sind nun besser.“
Ein großer Urwaldbaum spendet der kleinen Gruppe Schatten. In der Nähe überwuchern Wurzeln einen der vielen Tempel aus roten Steinen, die wie Vorläufer moderner Ziegel aussehen. Kunstvolle Steinmetzarbeiten mit Tieren, Herrschern und Göttern sind vielerorts noch gut zu erkennen. Früher hieß die Stadt Chenla und war die Metropole von Isanapura, damals ein prunkvolles Hindu-Königreich. In einem schlichten Freiluftrestaurant kocht ein Huhn im Topf. Eine Frau schält Papayas. Drei Khmer-Frauen sitzen auf der kleinen Veranda eines neuen Holzhauses mit Souvenirs, flechten wie ihre Urgroßmütter Körbe und Matten.
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„Im August 1997, als ich das erste Mal hier war, gab es außer Ruinen und Urwald gar nichts.“ Das sagt Dr. So Sokuntheary von der knapp eine Autostunde entfernten Universität in Kampong Thom. Die Wissenschaftlerin nimmt seitdem an Ausgrabungen und Forschungsprojekten in der Tempelstadt teil. Sie betont: „Die GIZ und einheimische Partner haben sehr geholfen, die lange vergessene Region bekannter zu machen.“ Die Forscher haben bisher insgesamt 290 Tempel und archäologisch wertvolle Hügel entdeckt, gut 60 sind freigelegt und zu besichtigen.
Medien auch in Thailand und Deutschland berichteten in den letzten drei Jahren über Sambor Prei Kuk und das Home-Stay-Programm bei den Reisbauern. „Das hilft enorm“, sagt Peter Bolster, der nun im Ruhestand ist. „Die Einheimischen sind wissbegierig. Wir haben gut zusammengearbeitet.““
Hilfe zur Selbsthilfe
Heute ist das ein Beispiel für Hilfe zur Selbsthilfe. Dorfchef Siem Norm betont: „Unsere Bauern wissen nun, Tourismus bringt Geld, Kontakte und Freunde.“ Manche öffnen kleine Restaurants und verschönern Gästequartiere. Touristen können auch von Tempel zu Tempel radeln. Auch Koch- und Handwerkskurse, Fischen, Bootsfahrten, Wanderungen und Ausflüge mit Pferde- und Ochsenkarren sind im Angebot.
„Einer im Dorf kann immer Englisch, aber wir verständigen uns auch mit Lächeln und Gestik“, sagt ein Bauer in der Siedlung Chheu Teal. Sein Gästezimmer ist schlicht, das Wasser zum Waschen nicht heiß, das Essen immer frisch, aus eigener Produktion oder vom Nachbarn: Huhn, Schwein, Fisch, exotische Gemüse und Früchte, deren Namen nicht alle im deutschen Wörterbuch zu finden sind.
Gemeinnütziges Reisen
Der Veranstalter Khiri Travel mit Büros in Thailand, Laos, Myanmar und Kambodscha offeriert mehrtägigen Familienurlaub in den Dörfern, half und hilft auch gemeinnützig beim weiteren Aufbau und beim Marketing für diesen nachhaltigen Tourismus. Für Urlauber werden auch Besuche in Schulen und Farmen, bei Handwerkern und Festen organisiert. „Im Jahr 2012 haben etwa 27.500 Touristen die Tempelanlage besucht, über die Hälfte aus dem Ausland“, sagt Linda Oum, stellvertretende Khiri-Chefin in Kambodscha. Vor knapp zehn Jahren waren kaum 2000 Gäste in Sambor Prei Kuk.
Mit der renommierten Welterbeauszeichnung dürfen sich in Kambodscha bisher nur die Anlagen von Angkor Wat, eine der größten Touristenattraktionen Südostasiens, und der Preah Vihear Tempel nahe der Grenze zu Thailand schmücken. Ob Sambor Prei Kuk Anerkennung von der Unesco findet, ist offen. Diese verborgenen Tempelstadt ist nicht so prunkvoll wie Angkor Wat, dafür deutlich älter. Ausländische Gäste kamen schon vor vielen Jahrhunderten über den Mekong und seine Nebenflüsse nach Sambor Prei Kuk, zum Beispiel Kaufleute aus China.
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