Steigt das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre an, nimmt das Triebwachstum für Riesling und Cabernet Sauvignon bis zur Ernte zu. Insofern trifft das lateinische Sprichwort: In vino veritas – Im Wein liegt die Wahrheit – wieder einmal zu, auch wenn dies die Urheber dieser Weisheit damals sicherlich anders meinten.
Den Beleg für das Wachstum lieferten  Experimente von Yvette Wohlfahrt und Manfred Stoll von der Hochschule Geisenheim. Im Freiland setzten die Forscher die beiden Rebsorten einer erhöhten CO2-Konzentration aus, wie sie für das Jahr 2050 prognostiziert wird.

Anstieg von CO2 steigert das Triebwachstum

Steigt das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre an, nimmt das Triebwachstum für Riesling und Cabernet Sauvignon bis zur Ernte zu. Das zeigen Experimente von Yvette Wohlfahrt und Manfred Stoll von der Hochschule Geisenheim. Im Freiland setzten die Forscher die beiden Rebsorten einer erhöhten CO2-Konzentration aus, wie sie für das Jahr 2050 prognostiziert wird. Aktuelle Ergebnisse präsentierte Wohlfahrt am 27. September auf der internationalen FACE2FACE-Tagung in Gießen.

Größere Trauben

Größere Trauben mit veränderten Inhaltsstoffen könnten zukünftig die Basis für den Weißwein Riesling und den Rotwein Cabernet Sauvignon sein. Das legen Studien aus dem Weinanbauge-biet Rheingau von Yvette Wohlfahrt und Manfred Stoll von der Hochschule Geisenheim nahe. Seit 2014 untersuchen sie Wachstum und Inhaltsstoffe der Rebsorten auf den Versuchsflächen mit 20 Prozent erhöhtem Kohlendioxid (CO2)-Gehalt, wie er für 2050 vorhergesagt wird. Über die Ergebnisse sprach Wohlfahrt am 27. September 2016 auf der FACE2FACE-Tagung in Gießen. Unter dem Motto „FACEing the Future – Food Production and Ecosystems under a changing climate“ trafen sich hier Klimaforscher, die weltweit CO2-Effekte mit „Free Air Carbon Dioxide Enrichment (FACE)“-Systemen untersuchen.
CO2 düngt die Pflanzen
Bereits im zweiten Jahr der Untersuchungen, war unter erhöhten CO2-Bedingungen der Einzelstockertrag bis zu zehn Prozent höher bei Riesling und bis zu 18 Prozent bei Cabernet Sauvignon. In den CO2-begasten Rieslingtrauben wogen nicht nur die einzelnen Beeren mehr, auch die Traubenstruktur war verändert „Das Kohlendioxid „düngt“ die Pflanzen – durch die gesteigerte Photosynthese gewinnen sie mehr Energie daraus“, sagte Wohlfahrt. Auch gab es mehr Blatt-masse bei erhöhtem CO2-Gehalt. „Die unterschiedliche Wuchsform verändert das Mikroklima innerhalb des Rebstockes und kann Vitalität und Inhaltsstoffe der Früchte beeinflussen“, erklärte die Oenologin.
Die in Geisenheim etablierte FACE-Anlage für Sonderkulturen im Freiland ist weltweit einzigartig. Eine ausgeklügelt gesteuerte Forschungs-Infrastruktur setzt rund 70 Reben (Riesling und Cabernet Sauvignon) pro FACE-Ring entweder mit CO2-angereicherter Luft oder Umgebungsluft aus. In insgesamt sechs Ringen untersucht die Doktorandin nicht nur Wachstum und Inhaltsstof-fe der Weinreben und der Früchte. In jedem Jahr wird auch ein Wein für jede Rebsorte und Versuchsfläche vinifiziert, um ihn von Experten verkosten zu lassen und zukünftige Änderungen in der Lagerung zu analysieren.
Bei dem für 2050 prognostizierten CO2-Gehalt enthielten sowohl Trauben als auch Most für Riesling und Cabernet Sauvignon mehr Gesamt- und Apfelsäure im zweiten Versuchsjahr 2015. Zudem enthielten die Moste weniger Zucker. „Geschmacklich konnten wir bislang keine Unterschiede bei den 2014er Weinen feststellen“, erklärte Stoll, Institutsleiter für allgemeinen und ökologischen Weinbau. „Bei der geschmacklichen Wahrnehmung interagieren unterschiedliche Eigenschaften miteinander. Der Wein muss daher nicht zwangsläufig saurer wahrgenommen werden, nur weil der Gehalt an Weinsäuren höher ist.“ Langfristige Folgen einer erhöhten CO2-Konzentration für den Weinbau und die Weinqualität können die Forscher daher nur vorsichtig abschätzen. Um Wechselwirkungen bei mehrjährigen Pflanzen wie der Rebe und deren Interaktion mit einem erhöhten Kohlendioxidgehalt auch langfristig beurteilen zu können, laufen in der Geisenheimer FACE-Anlage weitere Untersuchungen.
Verschiedene Forschergruppen der Hochschule Geisenheim arbeiten mit Partnern wie der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Max Planck Institut in Marburg daran, die komplexen Auswirkungen des Treibhausgases CO2 auf Grünland, Wein- und Gemüsebau zu verstehen. Das Projekt FACE2FACE wird durch das Land Hessen im Rahmen der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert.