Viel wurde in den vergangenen Tagen über politische Führung in der Krise diskutiert. Doch was ist eigentlich eine Krise? Per Definition gelten Krisen als ungeplante, ungewöhnliche, unerwartete sowie unkalkulierbare und unerprobte Situationen, die besondere Anforderungen an die Handelnden stellen. Insbesondere Führungskräfte sind in diesen Phasen besonders gefordert, weil an sie ganz besondere Ansprüche gestellt werden. 
Gerade jetzt ist ein Werte- und Kulturkanon von entscheidender Bedeutung. Leadership beruht in der westlichen Gesellschaft auf dem Wertefundament, dass sich einerseits der Mensch seiner Individualität und seiner Einzigartigkeit bewusst ist,  sich aber andererseits auch in der Beziehungen zu anderen definiert. 
Unsere Lebensweise besteht aus mehr oder weniger liberale Gesellschaften, die in normalen Zeiten eher nach weniger Führung und mehr nach Freiheiten verlangen, sowohl in unserem gemeinsamen täglichen Zusammenleben, als auch in Unternehmen ist der überwiegende Teil froh darüber Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren und einen breiteren Rahmen von Eigenverantwortung eingeräumt zu bekommen. 
In der Krise erwarten viele in genau das Gegenteil. Einen Leader, der die Geschicke eines Landes mit ruhiger Hand und klaren Entscheidungen durch die Untiefen führt, einen Lotsen, der mit Erfahrung und Weisheit das Schiff in den sicheren Hafen steuert. „Leadership ist ein Schlechtwetterjob“, so formuliert es Peter Drucker, einer der Vordenker der modernen Managementtheorien.
Unabhängig, ob es sich um Tschernobyl, Fukushima, SARS, Corona oder auch „nur“ um Unternehmenskrisen handelt, Führung hat sehr unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen. 
Krise = Chance

Gutes Leadership muss in Krisen Haltung zeigen und Werte vermitteln, Vanessa Cox, Senior Partner bei The Preston Associates.


Seinen Ursprung hat das Wort Krise im altgriechischen Wort krino – in der Wortbedeutung meint dies differenzieren, beurteilen und urteilen, voneinander Rechenschaft fordern, sich miteinander auseinandersetzen. Das chinesische Schriftzeichen für Krise beinhaltet zwei Silben, die einzeln gelesen die Worte Gefahr und Chance bedeuten.
Und genau dies erfordert ein zentrales Krisenmanagement auch heute. Eine Krise kann nur dann gemeistert werden , wenn vorhandene Wissen mit aktuellen Wahrnehmung und einer offenen Kommunikation stets kritisch analysiert und planerisch berücksichtigt wird. 
Allgemeine Verunsicherungen, Panik und Stimmungsmache, Hektik darf den Leader nicht davon abhalten, die Dinge konsequent zu entscheiden und für deren Durchsetzung zu sorgen. Jede Krise erfordert schnelles Handeln, eine schnelle Anpassung bisheriger Prozesse und Verhaltensweisen an die neue Situation – es bleibt nicht viel Zeit zum Lernen und Ausprobieren. Genau diese notwendigen rasanten Anpassungen erhöhen den Druck auf Mitarbeiter und Führungskräfte.
Jetzt geht es darum, dass Führungskräfte Haltung zeigen. Mitarbeiter fühlen sich handlungsunfähig und suchen Gewissheit bei ihren Führungskräften. Diese darf  und sollte jetzt Klarheit, Gewissheit und Empathie zeigen. Hier ist Ansage angebracht. Und dies in einer Situation, in der zum Schock und der Angst vor potenziellen Änderungen oder gar einem Jobverlust noch eine Überforderung hinzukommt, Mitarbeiter fühlen sich häufig handlungsunfähig.
Werte sind jetzt wichtig
„Gute Führungskräfte,“ so Vanessa Cox, Seniorpartner bei The Preston Associates, eines der führenden, weltweiten Coaching Unternehmen, das auf Führungskräfte spezialisiert ist, „die mit sich im Reinen sind, handeln autonom aus einer inneren Übereinstimmung mit dem, was als wichtig erachtet wird (Werte) und besitzen die Fähigkeit, in die Auseinandersetzung zu gehen und Stellung für ihre Überzeugungen zu beziehen. Wir haben festgestellt, dass Unternehmen und Unternehmensführer auf der ersten und zweiten Ebene, die rechtzeitig und regelmäßig in ihre Unternehmenskultur, ihre Unternehmenswerte und ihren Mindset investiert haben, viel besser in Krisensituationen agieren.“
Gute Leader müssen heute prädestiniert sein in unübersichtlichen Situationen die Ruhe zu behalten und intentional zu handeln, statt in extrinsische Reiz-Reaktions-Muster zu verfallen. 

„Ein guter Leader hat es nicht nötig Menschen auf ihren Nutzwert zu reduzieren. Zumal speziell in Krisensituationen hin und wieder ganz andere Fähigkeiten gefordert sind, als sie in der Funktionsbeschreibung oder in Unternehmenshandbüchern stehen. Eine guter Leader ist also eine Führungskraft, die es versteht, Menschen für sich und ihr Anliegen zu gewinnen: Indem sie Mitarbeitern und Kollegen Vertrauen entgegen bringt, ihnen wirklich zuhört und sie ernst nimmt“,

so Vanessa Cox weiter. Hierzu gehöre in Unternehmen auch die Betrachtung von Hierarchien. „Hierarchien machen Führungskräfte einsam“, erläutert Vanessa Cox, „ je weiter sie oben stehen, desto einsamer werden sie.“ 
Gerade in Krisensituationen von Unternehmen sei dies gefährlich. Hier müssten Leader noch mehr Fragen stellen, sich austauschen und in Entscheidungssituationen sich mit anderen absprechen, und zwar am besten quer durch alle Ebenen, aber auch mit Außenstehenden, die den Unternehmenstunnelblick nicht haben. „Nicht nur viele Studien, sondern auch unsere Erfahrungen als Businesscoaches belegen, dass diese – offene und nahbare-  Führungskräfte sicherer entscheiden, als der einsame abgeschirmte Leader im obersten Stockwerk. Sie können alle ihre Stakeholder durch die Krise führen.“