150 km nordöstlich der brasilianischen Stadt Manaus wurde jetzt der Grundstein für den Messturm ATTO gelegt, der im Endausbau mit seinen 325 Metern den Eiffelturm um einen Meter überragen wird. Der Messturm soll Informationen zur Treibhausgasbilanz von mehreren tausend Quadratkilometern  – rund 50 Prozent des Amazonasbeckens – liefern können.
Sensibles Ökosystem
Der Regenwald im Amazonasgebiet ist eines der sensibelsten Ökosysteme der Erde. Der „grüne Ozean“ spielt zugleich eine wichtige Rolle in der Stabilisierung des weltweiten Klimas. Als größtes zusammenhängendes Waldareal der Welt ist der Regenwald ein wichtiger CO2-Speicher. Zudem hat das riesige Waldgebiet durch seine Verdunstung einen enormen Einfluss auf den weltweiten Wasserkreislauf. Um weitere wichtige Daten für die Klimaforschung zu sammeln, wird heute der Grundstein für den Messturm ATTO („Amazonian Tall Tower Observatory“) gelegt, dessen Bau vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem brasilianischen Wissenschaftsministerium gefördert wird.
„Die Messstelle ist weitgehend ohne direkten menschlichen Einfluss und daher ideal, um die Bedeutung des Waldgebietes auf die Chemie und Physik der Atmosphäre zu untersuchen“, sagte Jürgen Kesselmeier vom Max-Planck-Institut für Chemie aus Mainz während der Zeremonie, die aus Anlass des Baubeginns etwa 150 Kilometer nördlich von Manaus stattfand.
Konkret erhoffen sich die Forscher, die Quellen und Senken von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid verstehen. Außerdem wollen sie die Bildung von Aerosolpartikeln untersuchen, die für die Wolkenbildung wichtig ist.
Mit seiner Höhe von 325 Metern macht es der ATTO-Messturm möglich, den Transport von Luftmassen und deren Veränderung durch den Wald über eine Strecke von vielen hundert Kilometern zu untersuchen. Außerdem reichen seine Messinstrumente bis in stabile Luftschichten, in denen beispielsweise die Kohlendioxidkonzentration nicht dem Tag-Nacht-Wechsel durch Pflanzen ausgesetzt ist.
Wanka lobt internationale Vernetzung
„Deutschland und  Brasilien leisten damit einen wichtigen Beitrag, um den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Atmosphäre besser zu verstehen. Zugleich erforschen wir Möglichkeiten, den Regenwald besser zu schützen“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. „Diese deutsch-brasilianische Kooperation ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die internationale Vernetzung in der Grundlagenforschung.“
Ausbau der Station
Schon jetzt stehen eine kleine Forschungsstation und zwei 80 Meter hohe Messtürme, künftig sollen vier dieser kleineren Türme den 325 Meter hohen Turm flankieren. Wegen seiner Höhe erreicht ATTO atmosphärische Schichten, die nicht den Tag-Nacht-Variationen ausgesetzt sind. Die Daten des Turms werden mit bodengebundenen Forschungserkenntnissen ergänzt. So sind interdisziplinäre Projekte, etwa zu Vegetation, Böden und Biodiversität geplant. Das Observatorium bietet Forschern die Möglichkeit, auf einem hohen technischen und methodischen Niveau zu arbeiten. Dabei gebietet es der Schutz der Natur, Einrichtungen und Infrastrukturen so zu gestalten, dass sie so wenig wie möglich in die Natur eingreifen.
ATTO wird auf deutscher Seite vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und auf brasilianischer Seite vom Institut für Amazonasforschung (INPA) geleitet. Es ist Teil eines  gemeinsam mit Brasilien finanzierten Forschungsprojekts, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Zeitraum von 2010 bis 2015 mit 4,5 Millionen Euro gefördert wird.
aktualisiert am 18.8.2014