Nachhaltigkeit – und damit auch Nachhaltigkeitsmarketing – wird für Unternehmen immer wichtiger. Andererseits fließt dieses Thema bei Unternehmen, die nachhaltige Produkte verkaufen, noch zu wenig in eine langfristige Strategie ein. Dieses Problem greift Privatdozentin Dr. Friederike Paetz vom Institut für Wirtschaftswissenschaft der TU Clausthal in ihrem Beitrag „Recommendations for Sustainable Brand Personalities: An Empirical Study“ auf. Der Artikel ist im Mai im Open Access Journal „Sustainability“ erschienen.

Bisher werden in der Fachliteratur meist Kunden, die nachhaltige Lebensmittel (Fair Trade- oder Ökoprodukte) kaufen, erforscht und hinsichtlich sozio-demografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht und Bildung beschrieben. „Unternehmen nutzen diese Kundeninformationen, um kurzfristige Marketing-/Management-Entscheidungen abzuleiten, beispielsweise zur Preissetzung oder Werbegestaltung für nachhaltige Produkte“, so die Privatdozentin. Die langfristige, strategische Perspektive, insbesondere für langlebige Produkte, komme hingegen zu kurz. So bleibe die Markenbildung vom Nachhaltigkeitsansatz noch weitgehend unberührt.

„Im Bereich der Markenbildung ist unter anderem die Ausgestaltung einer Markenpersönlichkeit von essenzieller Bedeutung. Das heißt, dass charakteristische, menschliche Merkmale einer Marke zugeordnet werden. Eine Marke kann zum Beispiel als taff, kultiviert oder bodenständig wahrgenommen werden. Oder denken wir an die Jeansmarke ,Replay‘, die sich als modern und temperamentvoll darstellt“, erläutert Friederike Paetz. Nachhaltige Unternehmen sollten daher eine Markenpersönlichkeit wählen, die insbesondere nachhaltige Kunden anspricht.

Wie sieht eine solche Markenpersönlichkeit aus? Einig ist sich die Wissenschaft darin, dass Kunden solche Marken präferieren, deren Markenpersönlichkeit ihrer eigenen Persönlichkeit ähnlich ist. So bevorzugen zum Beispiel sehr extrovertierte Kunden Marken, mit denen sie einen hohen Spaß- oder Spannungsfaktor assoziieren. Der vorliegende Artikel untersucht daher die Persönlichkeit nachhaltiger Kunden und gibt darauf basierend Empfehlungen für Markenpersönlichkeiten nachhaltiger Unternehmen.

Die Kundenpersönlichkeit wurde mittels des populären Big-Five-Ansatzes untersucht, der die Persönlichkeit eines Menschen über die fünf unabhängigen Faktoren Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion (Geselligkeit), Verträglichkeit und Neurotizismus (emotionale Labilität) beschreibt. Nachhaltige Kunden wiesen in der vorliegenden Studie stark offene und verträgliche, zum Beispiel altruistische, Persönlichkeitszüge auf. Dazu passen insbesondere die Markenpersönlichkeiten „Kompetenz“ (beschrieben über die Persönlichkeitszüge zuverlässig, intelligent, erfolgreich) und „Aufrichtigkeit“ (Persönlichkeitszüge: bodenständig, ehrlich, gesund), aber auch „Erregung/Spannung“ (Persönlichkeitszüge: temperamentvoll, modern, gewagt).

„Durch die Etablierung entsprechender Markenpersönlichkeiten erhöht ein nachhaltiges Unternehmen nicht nur den Marktanteil seiner Produkte, sondern trägt auch dazu bei, dass bisher nicht-nachhaltige Kunden mit kompatiblen Persönlichkeiten (offen und verträglich) von der Markenpersönlichkeit angesprochen werden“, so die Wissenschaftlerin der TU Clausthal (Abteilung für BWL und Marketing). Der Anteil der nachhaltigen Kunden werde somit insgesamt erhöht und trage zu einem nachhaltigen Umdenken der Kunden bei. „Dies bildet eine notwendige Voraussetzung für Umsetzungen im Rahmen der Circular Economy.“

Link zum Artikel: https://www.mdpi.com/2071-1050/13/9/4747/pdf