Dass im Grundwasser Rückstände von Arzneimitteln zu finden sind, ist kein Geheimnis: Das Umweltbundesamt weist schon in einem Bericht aus dem Jahr 2011 bereits 55 Positivbefunde aus, in Oberflächengewässern sogar 131. Medikamente gelangen in das Wasser, weil sie über den Urin und Stuhl ausgeschieden werden oder über die Toilette bzw. den Ausguss entsorgt werden.
Kläranlagen reinigen zwar das Abwasser, doch im Kampf gegen Arzneimittel ziehen sie häufig den Kürzeren. Denn diese sind oft wasserlöslich, so dass sie kaum im Klärschlamm, in Ablagerungsgesteinen oder in Schwebstoffen hängen bleiben. Leider, so heisst es in einer Mittielung der Redaktion, lege die Trinkwasser-Verordnung gesetzlich keine Grenzwerte für Arzneimittelrückstände fest, weshalb bei den Wasserwerken nur eine geringe Bereitschaft bestehe, entsprechende Analysen durchzuführen.
Die Zeitschrift ÖKO-TEST hat nun in 69 Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern stichprobenhaft Trinkwasserproben entnommen und exemplarisch auf Gadolinium untersuchen lassen. Dieser Stoff wird als Kontrastmittel in der Magnetresonanztomografie verwendet. Darüber berichtet das Magazin in seiner heute erscheinenden Ausgabe.
 Rückstände vor allem an Rhein und Ruhr, aber auch im Westen Berlins
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass Städte an Rhein und Ruhr, aber auch Westberlin besonders betroffen sind. Der Grund ist, dass ein Teil des Trinkwassers aus Uferfiltraten stammt. Auf den ersten Blick überraschend ist, dass auch in Münster, Nürnberg und Fürth erhöhte oder leicht erhöhte Gadoliniumgehalte gefunden wurden. Während die Befunde für Nürnberg und Fürth nicht ohne weiteres erklärbar sind, könnte es in Münster daran liegen, dass hier ein Teil des Trinkwassers aus Oberflächenwasser gewonnen wird.
Keine Gesundheitsgefahr
Zwar ist von den nachgewiesenen Gadoliniumgehalten keine gesundheitliche Gefahr zu erwarten, weil die analysierten Mengen sehr gering sind. Aber es ist ungeklärt, ob es chronische Effekte nach sich zieht, wenn Menschen dauerhaft geringe Konzentrationen von Arzneimitteln aufnehmen. ÖKO-TEST rät daher: Um den Arzneimitteleintrag in die Umwelt so gering wie möglich zu halten, sollten Dosierungsangaben beachtet werden und kleinste Packungsgrößen gewählt werden. Abgelaufene Medikamente gehören zudem in den Restmüll und nicht in die Toilette.
Beim  Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht man die Angelegenheit etwas differenzierter:  „Trinkwasser ist und bleibt ein sicheres und qualitativ hochwertiges Lebensmittel. Kaum ein anderes Lebensmittel wird so streng überwacht wie Trinkwasser aus dem Hahn“, erklärte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser anlässlich des heute von der Zeitschrift Öko-Test veröffentlichten Trinkwasser-Vergleichs.
Verweis ans Gesundheitsministerium
Die Trinkwasserkommission beim Bundesgesundheitsministerium hatte sich zudem bereits im Jahr 2010 mit dem Thema „Seltene Erden“ befasst und kam zu einer eindeutigen Einschätzung: Ein Gefährdungspotenzial für das Trinkwasser durch seltene Erden wie etwa das von der Zeitschrift Öko-Test thematisierte Gadolinium bestehe nicht, so die Kommission. Röntgenkontrastmittel sind für den Menschen ungefährlich. Sie werden Patienten in hoher Konzentration verabreicht und reichern sich nicht im Körper an, sondern werden vollständig ausgeschieden.
Handlungsbedarf
Grundsätzlich setzt sich die Wasserwirtschaft in Deutschland für eine Stärkung des Verursacher- und Vorsorgeprinzips ein: Um die Nitratbelastung der Rohwasser-Vorkommen zu reduzieren, müssen die gesetzlichen Vorgaben zur Verwendung von Dünger in der Landwirtschaft deutlich verschärft und deren Einhaltung effektiv überwacht werden. Gleiches gilt für die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Erforderlich ist zudem eine verpflichtende Einführung eines bundesweit einheitlichen Sammel- bzw. Rücknahmesystems für Altmedikamente. Dabei sollte unter Beachtung des Vorsorgegrundsatzes die Rücknahme von Altmedikamenten so leicht wie möglich gemacht werden.
Zudem ist eine Verankerung der fachgerechten Entsorgung im Arzneimittelgesetz mit Produktverantwortung der Hersteller und damit Umsetzung europäischen Rechts notwendig. Durch fehlende Regelungen zur fachgerechten Entsorgung und daraus folgende Einträge in die Umwelt können auch die Gewässerressourcen für die Trinkwassergewinnung betroffen sein. Dies sollte vermieden werden. Es bestanden bereits Ansätze für ein bundeseinheitliches Sammeln von Altmedikamenten. Diese Ansätze sollten reanimiert und ausgebaut werden, so dass eine echte bundeseinheitliche Regelung möglich ist. Dadurch kann der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch Medikamente vorgebeugt werden.