Weltweit führt der zunehmende Tourismus immer öfter zu Interessenkonflikten um die Landnutzung bei der Errichtung touristischer Infrastruktur .
Die lokale Bevölkerung wird vertrieben und verdrängt. Zehntausende Bauern und Fischerinnen in Entwicklungs- und Schwellenländern sind betroffen, aber auch viele Stadtbewohner in den immer beliebter werdenden Metropolen. Brot für die Welt und Oxfam fordern deshalb zum Welttourismustag am 27. September ein Ende des Landraubs und mehr Schutz und Mitsprache der Menschen vor Ort.
Das Jahr 2017 ist offiziell von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr des Nachhaltigen Tourismus für Entwicklung ausgerufen worden. Allerorten treffen sich Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft und bekennen sich zu mehr Nachhaltigkeit. Sie beschwören einhellig die positiven Entwicklungswirkungen des Tourismus. „Es ist erstaunlich, dass dabei niemand über Landrechte und Verdrängung als Folge von Tourismus spricht“, sagt Antje Monshausen, Tourismusexpertin von Brot für die Welt. „Dort, wo ganze Stadtteile für den Bau von Flughäfen geräumt, Nomaden aus Nationalparks vertrieben oder Fischern der Zugang zum Strand genommen wird, kann es weder nachhaltigen Tourismus noch Entwicklung geben.“
Landrechte und Landnutzung
„Gesicherte Landrechte, bezahlbarer Wohnraum und die Garantie, ihren traditionellen Berufen in Landwirtschaft und Fischerei weiter nachgehen zu können, sind unabdingbar, damit auch die Ärmsten der Armen wirtschaftlich nachhaltig vom Tourismus profitieren“, erklärt Frank Falkenburg, Leiter der Projektarbeit bei Oxfam Deutschland. Das traditionelle Nachhaltigkeitsverständnis der Tourismuswirtschaft, das zu oft nur auf Einsparung von Wasser und Müll setzt, reiche schon lange nicht mehr aus. Notwendig sei ein wesentlich breiterer Ansatz, der schon vor dem Bau von Hotels und Flughäfen beginnt und die Menschen vor Ort und ihre Lebenssituation mit einbezieht. „Doch an den Tischen, an denen die großen Tourismusdeals gemacht werden, ist für Zivilgesellschaft und die Ärmsten der Armen kein Platz. Ihre Wünsche und Bedürfnisse werden überhört, ignoriert oder übergangen“, so Monshausen.
Während Vertreter aus Tourismuswirtschaft und Politik den diesjährigen Welttourismustag mit einem offiziellen Programm in Katar am Persischen Golf feiern, treffen sich ab Donnerstag (28.9.) Betroffene aus aller Welt in Venedig zu einem dreitägigen Tribunal über tourismusbedingte Vertreibungen. Eine Jury aus Juristen, Aktivisten und Tourismusexperten, darunter die Fachstelle Tourism Watch von Brot für die Welt, entwickeln Empfehlungen für die Landrechtsfälle. Partnerorganisationen von Brot für die Welt und Oxfam leisten betroffenen Gemeinschaften in Sri Lanka und Indien Beistand. Sie werden gemeinsam mit Organisationen aus Kenia, Argentinien und Italien in Venedig ihre Fälle vorstellen. Venedig als Ort für das Tribunal ist dabei sorgsam gewählt, steht doch die Stadt wie keine andere für die Verdrängung und Abwanderung der Bevölkerung in Folge des wachsenden Tourismus.