„Die biologische Vielfalt im Agrar- und Lebensmittelbereich trägt nicht nur zum gesunden natürlichen Gleichgewicht bei, sie ist auch eng verbunden mit Bräuchen, Traditionen und handwerklichem Wissen,“ meint Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e. V. „Sie ist Teil unserer vielfältigen kulturellen Identität. Deswegen ist der Erhalt der Vielfalt durch Projekte wie die „Arche des Geschmacks“ ein Kernthema für Slow Food.“
Slow Food
ist eine weltweite Bewegung, die sich für eine lebendige und nachhaltige Kultur des Essens und Trinkens einsetzt. Der Verein tritt für die biologische Vielfalt ein, fördert eine nachhaltige, umweltfreundliche Lebensmittelproduktion, betreibt Geschmacksbildung und bringt Erzeuger von handwerklich hergestellten Lebensmitteln auf Veranstaltungen und durch Initiativen mit Ko-Produzenten (Verbrauchern) zusammen.
Die deutsche Slow Food Gruppe wurde 1992 gegründet und ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Die Slow Food Bewegung zählt Mitte 2014 in Deutschland über 13.000 Mitglieder in rund 80 Convivien (lokalen Gruppen), weltweit sind es mehr als 100.000 Menschen in über 150 Ländern.
Projekt Arche
Ein wichtiges Thema der Bewegung ist der Erhalt von Vielfalt im Geschmack. Viele traditionelle Speisen, Gemüse und Arten sind bedroht und drohen verloren zu gehen. Aus diesem Grund hat man das Projekt „Arche“ ins Leben gerufen bei dem selten gewordene traditionelle Lebensmittel gesammelt und beschrieben werden. In Deutschland sind es inzwischen 50, weltweit über 1.700. Der Finkenwerder Herbstprinz, ein Hochstammapfel aus dem Alten Land südlich von Hamburg, und der Stuttgarter Leberkäs sind die neuesten Passagiere in der Slow Food Arche des Geschmacks.
Die Lebensmittel, Früchte oder Gemüse, die als „Passagiere“ in die Arche aufgenommen werden, sind oft in Gefahr zu verschwinden, weil ihre Herstellung aufwändig ist, sie selten auf den Markt kommen und so weniger gegessen werden. Was nicht nachgefragt wird, wird auch nicht produziert. Die Slow Food – Organisatoren haben sich vorgenommen, diese traditionellen Spezialitäten wieder bekanntmachen, um sie so zu erhalten. Die große Mehrheit auf der Arche aufgenommen „Passagiere“ sind vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten. Die kleinere Gruppe sind handwerklich hergestellte Lebensmittel wie Wurst- und Käsespezialitäten, die nur noch von wenigen Herstellern erzeugt werden.
Neue Zugänge in diesem Jahr
In diesem Jahr wurden in Deutschland aufgenommen: Der Stuttgarter Leberkäs, eine in einer Kastenform gebackene grobe Brühwurst, unterscheidet sich von vielen anderen sogenannten Leberkäsen dadurch, dass er tatsächlich Leber enthält. Desweiteren die anspruchslose, von einem Zufallssämling stammende Schwarze Birne von der Schwäbischen Alb, die einst als vorzügliche Mostbirne bekannt war. Der Birkenfelder Rotapfel, den man traditionell für die Herstellung von Apfelgelee verwendet. Die schwarzen, festfleischigen Früchte der Ermstäler Knorpelkirsche, die dank ihres Aromas und ihres Zuckergehalts hervorragend geeignet für die Verarbeitung von Destillaten und Säften sind.
Außerdem wurden drei Gemüsesorten aufgenommen: Der Bamberger Knoblauch, der Bamberger Rettich und der Bamberger Spitzwirsing gehörten lange Zeit zu unverzichtbaren Bestandteilen der von der Gemüsekultur geprägten und bis heute gepflegten traditionellen Bamberger Küche. Ihre Konkurrenzfähigkeit verloren sie erst durch billigere Importe.
Die aufgenommen Gemüse, Obstsorten oder Lebensmittel haben ihre eigene Historie. Etwa die stark „mehlig kochende“ Schwarz-Blaue Frankenwälder Kartoffel, die in den 1980er Jahren von Liebhabern und Sammlern alter Kartoffelsorten im nördlichen Frankenwald aufgefunden wurde, oder der Finkenwerder Herbstprinz, ein Apfel, den Carsten Benitt um 1870 auf der Elbinsel Finkenwerder entdeckt hat und von dem er derart begeistert war, dass er ihn in seinem Apfelgarten vermehrte.
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