Im Gegensatz zu Istanbul, geht es in Berlin beschaulich zu. Während die türkische Metropole am Bosporus inzwischen rund 14 Millionen Einwohner zählt und damit die viertgrößte Stadt der Welt ist, rangiert Berlin etwa an fünfzigster Stelle. Die Zusammenarbeit zwischen zwei so unterschiedlichen Städten sieht Professor Sahin Albayrak als besondere Herausforderung. Er, der 1958 in Nazimiye in der Türkei geboren wurde, und unter vielen Entbehrungen in Deutschland an der TU Berlin Informatik studieren konnte, ist Wandler und Mittler zwischen den Welten.
Professor Albarayk ist Leiter des German-Turkish Advanced ICT Research Center, einem sogenannten An-Institut der Technischen Universität Berlin, das an dringenden Zukunftsfragen arbeitet, die das Leben in Städten für die Zukunft weiter möglich machen sollen. Die Herausforderungen sind groß, denn sowohl die technischen Entwicklungen in der IT einerseits, aber auch die Probleme, die derartige städtische Agglomerationen aufwerfen andererseits, müssen aufeinander abgestimmt werden, um das urbane Leben zu erhalten.
Auf acht Feldern entwickelt und forscht das Institut am Berliner Ernst-Reuter-Platz: Intelligente Städte, Smart Grids, Elektromobilität, Logistik und Transport, Internet der Zukunft, Sicherheit und Cybersicherheit, Health und Governance und Education sind die großen Felder, mit denen sich die 130 Mitarbeiter beschäftigen. Gleiche Strukturen gibt es in Istanbul, wo die türkische Regierung ein modernes Gebäude zur Verfügung gestellt hat.
Zukunft ist IKT
Auch wenn die Städte Berlin und Instanbul sehr unterschiedlich sind, eines haben sie jedoch gemeinsam. „Die Zukunft wird von IKT bestimmt werden“, da ist sich Professor Albarayk absolut sicher. Informations- und Kommunikationstechnologie ist nicht nur für die Mobilität von entscheidender Bedeutung, sondern in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens auch. „Chips wird es irgendwann in fast allen Dingen unseres täglichen Lebens geben“, ist der Ingenieur überzeugt.
Deutsch-Türkische Kooperation in Zukunftsfragen
Bei der Vorstellung des Institutes im 14. Stockwerk des denkmalgeschützten Telehochhauses betonte er wie wichtig Anwendungstechnologien in Zukunft sein werden. Das Institut, finanziert durch Mittel der bundesdeutschen Forschungsministerien und durch das türkische Ministerium für Transport, Maritimes und Kommunikation, sowie durch zahlreiche nahmhafte Unternehmen getragen wird. Dabei dienen praxisnahe Testbeds zur Validierung und zu Demonstrationszwecken.
Die Kooperation mit Industrieunternehmen gewährleistet eine praxis- und lösungsorientierte Vorgehensweise. Auf diese Weise ist das DAI-Labor in der Lage, in einem universitären Umfeld Technologien zu entwickeln, die auch höchste industrielle Anforderungen erfüllen. „Wir nennen dies Livinglab“, erläutert Professor Albayrayk.
Unternehmerische Zusammenarbeit
Spricht man mit den Unternehmensvertretern, die sich mit einem nicht unerheblichen Mitgliedsbeitrag am DAI-Labor engagieren, hört man unisono, dass eines der wesentlichen Interessen der Industriellen Partner wie e-plus, SAP, der Deutschen Telekom, ENBW, IDS Scheer, der Deutschen Messe – auch der Zugang zu einem der am schnellsten wachsenden Technoloigemärkte, eben der Türkei ist. So schätzt der Fachverband TÜBISAD Umsatzzuwächse in diesem Jahr für die IKT Branche von 11 bis 15 Prozent, womit sich das Wachstum aus dem Vorjahr noch weiter fortsetzt. Nicht nur die Privatindustrie, auch die Regierung will Beispielsweise das Thema E-Government-Portale voranbringen. Und auch bei den produzierenden Unternehmen steigt das Interesse an Rationalisierung von Produktions- und Geschäftsabläufen, was wiederum ein IKT Thema ist.
Grundlagen und Anwendung
Ob Mobilität, Bildung oder Gesundheit, alles Themenfelder die im German-Turkish Advanced ICT Research Center mit seinen rund 130 Mitarbeitern beforscht, entwickelt und zur Anwendung gebracht werden. Eines dieser Themen ist zum Beispiel IMA, ein intermodaler Mobilitätsassistent für Großstädte, in denen der Verkehr ständig zunimmt und der Verkehr zum Erliegen kommt. Diese Problematiken kennt man in allen Megacities. IMA will nun vor allem die Einzelinformationen, die bei der Nutzung von Alternativen zum Individualverkehr entstehen, miteinander verknüpfen. Also zum Beispiel die Nutzung von Bussen und Bahnen, aber auch der Leihfahrräder, die vor der Bahnhofstür zur Weiterfahrt bereit stehen. Dazu gehört beispielsweise auch ein einheitliches Abrechnungssystem, um die Nutzung der einzelnen Module im Verkehr so einfach wie möglich zu machen. “ Nur Lösungen, die vom Verbraucher akzeptiert werden und damit einen Nutzen haben, setzen sich am Markt durch.“ Insofern verfolgt der Professor hier einen sehr pragmatischen Ansatz und holt Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm. Dies ist auch der Ansatz deutsch-türkische Projekte zu initiieren, weil unterschiedliche Herangehensweisen Projekte beflügeln können.
Diversity bringt Fortschritt
Dilek Kolat, Berlins Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, sieht in diesem Zusammenhang die Vorteile einer solchen Herangehensweise. „Der Innovationsaustausch bringe die Gesellschaften voran“, so die Sentorin, die selbst TU Berlin Absolventin ist. Berlin sei das Bundesland, das die meisten sogenannten Bildungsausländer zu verzeichnen hat. Die Quote liegt bei etwa 13 Prozent, unter seinen Erstsemestern ist sie sogar noch höher.“ Mit diesem Spitzenwert liegt die Hauptstadt mit großem Abstand vor Sachsen, Brandenburg und dem Saarland, die ebenfalls zur Spitzengruppe gehören. Die Internationalität, also die Diversity, bringe den Standort Berlin voran. Mit dem Blick auf die Türkei gerichtet, verwies die Senatorin auf die Dynamik im Land am Bosporus, wo man an der einen oder anderen Stelle schon schneller sei, als im doch etwas behäbigeren Deutschland. Die türkischen und deutschen Eigenschaften zusammen, würden eine gute Mischung ergeben.
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