Während Haushalte beim Stromwechsel inzwischen mehr Ökostromtarife zur Auswahl haben als Tarife mit Kohle- und Atomstrom, ist es im Wärmemarkt umgekehrt.
Hier sind sogar nur fünf Prozent aller angebotenen Öko- und Biogasangebote wirklich zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien und ihre Zahl stagniert seit Jahren. Die große Mehrheit der Öko- und Biogasangebote sind Klimatarife (70 Prozent), die komplett auf fossilem Erdgas basieren und die verursachten CO2-Emissionen lediglich kompensieren. Weitere 25 Prozent sind Beimischprodukte, das heißt bei ihnen stammt nur ein Teil aus erneuerbaren Quellen. Den größeren Anteil hat hier fossiles Erdgas.
80 Prozent des Energieverbrauchs eines typischen Haushalts entfallen auf die Wärme und nur 20 Prozent auf Strom. Gleichzeitig werden sowohl im Neubau, als auch im Baubestand mehrheitlich fossil betriebene Heizungen genutzt. „Bei der Lebensdauer einer Heizung von meist 20 bis 25 Jahren werden damit im Wärmemarkt ohne eine Energiewende in den eingesetzten Rohstoffen die CO2-Ziele viele weitere Jahrzehnte nicht erreicht“, sagt Florian Henle, Gründer und Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers Polarstern. Zwar arbeiten moderne Heizungen effizienter, doch den wärmebedingten CO2-Ausstoß verändert das laut Analysen des Umweltbundesamtes kaum, da gleichzeitig die Wohnfläche pro Person steigt. „Steigende Effizienz und der Wandel bei den eingesetzten Ressourcen müssen im Wärmemarkt endlich Hand-in-Hand gehen, so wie es auch im Strommarkt der Fall ist.“
Wege aus dem Stillstand im Ökogasmarkt
Eine Hürde bei der Verbreitung von Ökogas ist der Preis. Ökogas aus 100 Prozent erneuerbaren Energien ist heute im bundesweiten Schnitt je nach Anbieter zwischen 8 Prozent und über 60 Prozent teurer als der fossile Grundversorgertarif. „Die Preisspanne ist enorm und schreckt viele Haushalte ab“, sagt Florian Henle von Polarstern. „Dass Biogas im Wärmemarkt nicht richtig Fuß fasst, liegt auch daran, dass es für Landwirte aufgrund der EEG-Vergütung heute finanziell attraktiver ist, Biomasse zu verstromen, als sie im Wärmemarkt zu nutzen. Das muss dringend geändert werden.“
Weil Polarstern auf diese politische Weichenstellung nicht mehr länger warten will, beschreitet der Ökoenergieversorger mit seinem Ökogasprodukt einen neuen Handelsweg, um es wettbewerbsfähig zu machen. „Im Grunde übertragen wir das im Ökostrommarkt etablierte Herkunftsnachweis-Verfahren auf den Gasmarkt. Das heißt, wechselt ein Kunde zu Wirklich Ökogas von Polarstern wird über ein europaweites Herkunftsnachweis-Verfahren sichergestellt, dass entsprechend seines Verbrauchs Ökogas aus 100 Prozent organischen Reststoffen produziert und bisher genutztes Erdgas verdrängt wird.“
Die Agentur für erneuerbare Energien hat errechnet, dass durch eine effizientere Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe vor allem in den Sektoren Strom und Wärme die CO2-Emissionen deutlich reduziert werden könnten. Die Studienautoren sehen in der Produktion der holzverarbeitenden Industrie, in landwirtschaftlichen Vieh- und Ackerbaubetrieben und in der Abfallwirtschaft viel ungenutztes Potenzial. Werden die Gesamtpotenziale von heimischer Biomasse ins Verhältnis zum Primärenergiebedarf gesetzt, den die Bundesregierung im Energiekonzept bis 2050 anstrebt, könnten der Studie zufolge zwischen 14 bis 26 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs durch Bioenergie gedeckt werden. Der alleinige Beitrag der Reststoffe zum künftigen Energiebedarf würde eine Bandbreite von etwa 8 bis 13 Prozent erreichen.
Gegründet aus Engagement für die Wärmewende
Das Ökogasprodukt war der Anlass zur Gründung des Ökoenergieversorgers Polarstern. Die drei Gründer, Florian Henle, Jakob Assmann und Simon Stadler, wollten ursprünglich ihr Ökogasprodukt über etablierte Energieversorger auf den Markt bringen, doch diesen war es zu „neu“. Begründungen wie diese: „Wissen Sie, wir gehen mit der Zeit, nicht vor der Zeit“ motivierten sie, es schließlich selbst zu tun. Sie gründeten im Frühjahr 2011 den ersten Energieversorger, der bundesweit ausschließlich 100 Prozent Ökostrom und auch 100 Prozent Ökogas aus organischen Reststoffen anbot. Die bei der Biogaserzeugung eingesetzten Ressourcen sind Abfälle aus der Zuckerproduktion.
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