Manila ist mit 13 Millionen Einwohnern die größte Megacity Südostasiens. Gleichzeitig gehört die Hauptstadt der Philippinen zu den Städten mit der stärksten Luftschadstoffbelastung weltweit: Die Belastung mit Ruß ist etwa 50-mal höher als in Europa.
Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist sogar etwa 1000-mal höher. Ein Konzept, wie dieses massive Umweltproblem in den Griff zu bekommen ist, will in den kommenden 1,5 Jahren ein neues Forschungsprojekt entwickeln. Dabei werden Umwelt- Sozial- und Gesundheitswissenschaftler aus Deutschland und den Philippinen zusammen mit NGOs, Politikern und betroffenen Bürgern gemeinsam nach Lösungen suchen.

Mit der Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung Manilas will das Projekt auch einen Beitrag zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Das Netzwerk, an dem auf deutscher Seite mit dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) und dem Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF) gleich drei Institute der Leibniz-Gemeinschaft beteiligt sind, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt rund 630.000 Euro gefördert.
Motorisierung steigt
Während strenge Umweltgesetze in der Europäischen Union und Nordamerika dafür sorgen, dass Autos mit alten Dieselmotoren aus dem Straßenverkehr verschwinden und damit die besonders gesundheitsgefährliche Luftschadstoffbelastung mit Rußpartikeln zurückgeht, verursacht der Straßenverkehr in den boomenden Schwellenländern große Probleme. Dazu gehört auch die Hauptstadt der Philippinen: Der Ballungsraum von Metro Manila ist mit rund 13 Mio. Bewohnern einer der bevölkerungsreichsten und am dichtesten besiedelten Südostasiens. Aufgrund des rasanten Anstiegs der Zahl motorisierter Fahrzeuge, des veralteten dieselbasierten öffentlichen Nahverkehrs (Jeepneys) sowie des steigenden Schiffsverkehrs im Hafen der Stadt sind die Bewohner aktuell mit einer alarmierenden, gesundheitsgefährdenden Luftverschmutzung konfrontiert. Besonders problematisch sind dabei Rußpartikel – also schwarzer Kohlenstoff (Black Carbon – BC).
Das Transportministerium der Philippinen hat daher ein Modernisierungsprogramm aufgelegt, dass bis 2021 alle Fahrzeuge, die älter als 15 Jahre sind, von den Straßen verbannen und durch moderne E-Fahrzeuge ersetzen soll. Diese Entscheidung löste heftige Diskussionen aus: Einerseits sorgt die Verschlechterung der Luftqualität und ihre ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen für Unzufriedenheit; anderseits bestehen auch Ängste, dass strenge Abgasstandards die sozialen Probleme bei den Ärmsten verschärfen könnten, die nicht in der Lage sind, finanziell bei der Modernisierung mitzuhalten. Gerade in Manila spielen Kleinunternehmer für den öffentlichen Verkehr eine wichtige Rolle, die ihren Lebensunterhalt mit sehr alten Minibussen (Jeepneys) verdienen, die auf Fahrzeugen basieren, die das US-Militär nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgelassen hat. Entsprechend zögernd wird das Problem angegangen – mit starken Folgen für die Luftqualität und die Gesundheit der Einwohner.
„Unser Ziel ist es, ein Konzept zu entwickeln wie man unter den bestehen politischen, sozialen und ökonomischen Strukturen eine signifikante Minderung der Rußkonzentration erreichen kann. Dazu gehört es, durch die entsprechenden Behörden, die Jeepney-Fahrer-Gewerkschaft, wissenschaftliche Institute und das Lungenzentrum zum einen das Bewusstsein zu schaffen, dass etwas getan werden muss sowie zweitens eine sozial und ökonomisch verträgliche Lösung zu entwickeln“, erklärt Prof. Alfred Wiedensohler vom TROPOS, der das Projekt leitet.
Ein Team aus philippinischen und deutschen Forschern arbeitet deshalb jetzt an einem transdisziplinären, anwendungsbezogenen Ansatz, um Umstrukturierungskonzepte für das nachhaltige Management und die Kontrolle von Luftqualitätsstandards in Metro Manila auszuarbeiten. Zu diesem Zweck bringt das Projekt „Clean Air for a Sustainable Future: A Transdisciplinary Approach to Mitigate Emissions of Black Carbon in Metro Manila, Philippines (TAME-BC)“ verschiedenste Umwelt-, Sozial- und Gesundheitswissenschaftler aus Deutschland und den Philippinen mit NGOs, politischen Entscheidungsträgern und betroffenen Bürgern aus dem Ballungsgebiet Metro Manila zusammen. Aus Deutschland sind das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig, das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen und das Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf dabei. Von den Philippinen beteiligt sich eine breite Allianz aus Forschung, Ämtern und NGOs: The University of Philippines (UPD), Ateneo de Manila University (Ateneo), The Manila Observatory (MO), De La Salle University (DLSU), Clean Air Asia (CAA), Coalition of Transport Cooperatives (CTC) and Arayat Cubao Circle Ikot Jeepney Operators and Drivers Association (ACCIJODAI), The Lung Center of Philippines (LCP) und The Quezon City Governments’ (QCG).
Forschungsnetzwerk
Das deutsch-philippinische Forschungsnetzwerk von TAME-BC kann dabei auf solide langjährige Erfahrungen in der Zusammenarbeit zurückgreifen. Bereits 2015 fand das „Manila Aerosol Characterization Experiment“ (MACE 2015) statt. Zusammen mit den Partnern vor Ort untersuchte das TROPOS die Luftqualität mit festen Messstationen und mobilen Geräten. Dabei zeigten sich besorgniserregende Werte: Die Belastung mit Ruß, dem durch seine krebserzeugende Wirkung gefährlichsten Anteil im Feinstaub, war bis zu 50-mal höher als in Europa oder Nordamerika. Im jetzt startenden Projekt will das internationale Team folgende Fragen beantworten: Welche Teile des Transportsektors tragen wie zur Luftverschmutzung bei? Wie agieren die Beteiligten und welche Faktoren entscheiden darüber, ob Innovationen umgesetzt werden können? Welche Gesundheitseffekte gibt es im Detail und wie lässt sich die Gesundheit der Bevölkerung am besten vor Luftverschmutzung schützen? Das Forschungsprojekt TAME-BC zielt daher auf eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung und will so einen wichtigen Beitrag zu den Zielen der Agenda für Nachhaltige Entwicklung leisten, die die Vereinten Nationen bis 2030 umsetzen wollen. Tilo Arnhold