Die Chancen auf nachhaltige UNWTO Reformen sind auf Jahre verspielt. Das ist ausnahmslos das Fazit von Experten nach der Tagung des UNWTO Executive Councils, die am Freitag mit der Wahl des Generalsekretärs der Welttourimusorganisation endete. Mit dem Ergebnis können viele Teilnehmer und auch Experten nicht wirklich gut leben.
Der Exekutive Council der UNWTO, dem 33 Staaten angehören, wählte, sehr knapp im zweiten Wahlgang, Zurab Pololikashvili, den Botschafter von Georgien in Spanien, in das Amt des neuen Generalsekretärs. Vorangegangen war ein Wahlkampf mit unterschiedlichen Akteuren, der zum Teil heftig geführt wurde. Kenner der Branche halten die jetzige Entscheidung für falsch, zudem Georgien die Besetzung des Postens mit starken politischen Druck und unlauteren Methoden durchgesetzt habe. Während am Freitagmittag bei der Delegation von Pololikashvili im Foyer des Madrider Melía Hotels die Korken knallten und lautstark gejubelt wurde, sehen andere Mitglieder des Exekutivkommitees die Entscheidung eher skeptisch.
Es wird von Kennern der Szene kolportiert, dass der designierte Generalsekretär nicht nur ein enger Schulfreund des derzeitigen georgischen Ministerpräsidenten ist, er bringt auch keine touristische Erfahrung mit. Vielmehr habe Büro des georgischen Ministerpräsidenten im Vorfeld viel Druck aufgebaut, um Pololikashvili den Job zu ermöglichen, um weiter in Madrid bleiben zu können.
Vielfach wurde im Vorfeld – unwidersprochen – behauptet, dass die Wahl gekauft worden sei. Dazu passt auch, dass viele Delegierte kurz vor der Wahl zum Champions League Halbfinal-Rückspiel Real gegen Atletico Madrid eingeladen waren.
Ein politischer Deal
Zumindest war die Wahl des Georgiers ein politischer Deal, von dem in der Pressekonferenz auch der jetzt noch amtierende Generalsekretär Taleb Rifai sprach. Die Wahl des Generalsekretärs sei eine Sache der Regierungen. Rifai lobte den Botschafter zwar als Diplomaten, denn dieses Handwerkszeug brauche man in dieser Position. Über seine fachlichen Kenntnisse führte er jedoch nichts aus.
Der designierte UNWTO Generalsekretär hat sich bislang nicht dadurch hervorgetan, dass er ein profunder Kenner der Materie ist. Nicht nur, dass er bislang auf keiner großen Tourismusveranstaltung aufgetaucht ist, selbst bei der anschließenden Pressekonferenz glänzte der Diplomat durch Abwesenheit. Dabei hätten die anwesenden internationalen Pressevertreter schon gern gewusst, wie denn die Agenda des neuen Generalsekretärs aussieht. Taleb Rifai führte an seiner Stelle aus, dass der zukünftige UNWTO Chef auch mit den unterlegenen Kandidaten zusammenarbeiten wolle.
Kein Reformwillen
Vor allem sollte auf die nachhaltige Entwicklung der bisher ungenutzten Tourismuspotenziale in jenen Ländern hingearbeitet werden, die das am nötigsten haben, wie beispielsweise in den kleinen Inselstaaten und den am wenigsten entwickelten Ländern. Denn gerade dort seien die Schwankungen im Bereich des Tourismus, beeinflusst etwa durch Naturkatastrophen, Seuchen aber auch durch internationale Finanz- und Währungskrisen am stärksten spürbar. „Gerade vor dem Hintergrund von Klimawandel und Bekämpfung von Flüchtlingsursachen, die offizielles Ziel der Bundesregierung ist, ist das Verhalten umso unverständlicher“, so der Insider weiter, auch die deutschen Entwicklungspolitiker hätten bei der Entscheidung beispielsweise mit einbezogen werden müssen.
Mögliches Schattendasein
Ohne solche zusätzliche Finanzierung wird diese wichtige UN-Organisation, die zu mehr als 70 Prozent von den durch die Austritte finanzstarker Länder stark geschrumpften Mitgliedsbeiträge lebt, mehr und mehr in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Denn bereits jetzt werden fast alle großen Tourismusvorhaben der UN in Entwicklungs- und Schwellenländern von anderen UN-Organisationen wie UNDP, UNEP, UNIDO, UNCTAD und GEF, der Globalen Umweltfaszilität durchgeführt ohne Beteiligung der eigentlich dafür zuständigen Sektororganisation UNWTO.
Das nun vorliegende Wahlergebnis ist übrigens nicht in Stein gemeißelt. Denn die eigentliche Wahl findet erst bei der bevorstehenden Generalversammlung im September in China statt. Dabei wird normalerweise der vom Executive Council vorgeschlagene Kandidat durchgewunken und ohne weitere Abstimmung bestätigt. Doch wenn nur ein einziges Mitgliedsland eine (dann geheime) Abstimmung beantragt, muss der Kandidat dann die Stimmen von mindestens zwei Dritteln der Delegierten erhalten. Ob beispielweise die über die knappe Niederlage ihres gemeinsamen Kandidaten wieder gegen einen Europäer sehr verärgerten afrikanischen Staaten das Ergebnis so einfach durchwinken werden dürfte spannend werden.
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