„Um die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, muss der gesamte Ausstoß von Treibhausgasen künftig einen Preis bekommen, da sind sich die meisten Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler einig. Nur so wird das Einsparen von Emissionen belohnt. Aktuell sind die CO2-Preise auf dem Strommarkt noch nicht hoch genug und die Bereiche Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft sind komplett außen vor“, sagte Professor Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft beim Pressegespräch des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK). Das Vorstandsmitglied des Wissenschaftsverbands diskutierte mit Professor Ottmar Edenhofer, der das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung leitet, über Möglichkeiten, wie diese klimaökonomische Forderung umgesetzt werden könnte. Beide Ökonomen sehen die geplanten staatlichen Subventionen, etwa für den Kohleausstieg oder die Elektromobilität, mit Sorge. Stattdessen haben sie der Politik Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie ein CO2-Preis die Kosten begrenzen, die Emissionen reduzieren, die Wirtschaft wettbewerbsfähig halten und gleichzeitig sozialverträglich umgesetzt werden kann.
Kosteneffizient Emissionen senken
„Für eine konsequente klimapolitische Strategie ist es jetzt zentral, unsere Ziele zur Emissionsreduktion nicht nur mit Kompensationszahlungen wie beim Kohleausstieg oder dem massiven Ausbau von Elektromobilität wie im Bereich Verkehr zu verfolgen, sondern auch mit einem effektiven CO2-Preis über Marktmechanismen abzusichern. Nur so ist sichergestellt, dass die Emissionen tatsächlich sinken und es für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht zu teuer wird. Schließlich geht es hier um den klimagerechten Umbau unserer gesamten Volkswirtschaft“, sagte Edenhofer.
Wie das in Deutschland und Europa umgesetzt werden soll, wird in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft intensiv diskutiert. Damit es konkret werden kann, stellten Klepper und Edenhofer zwei Konzepte aus ihrer Forschung vor. Klepper schlägt die Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems vor, Edenhofer eine CO2-Preisrefom, für die als eine von mehreren Möglichkeiten eine Besteuerung eine denkbare Form wäre.
Den europäischen Emissionshandel ausweiten
„Das europäische Emissionshandelssystem, kurz EU-ETS, ist im Moment das wichtigste Instrument, mit dem der Ausstoß von Treibhausgasmissionen kontrolliert wird. Es verlangt, dass Unternehmen mit großen Verbrennungsanlagen für die von ihnen verursachten CO2-Emissionen Zertifikate vorweisen müssen. Das Problem dabei: Nur rund die Hälfte des ausgestoßenen Kohlendioxids wird erfasst und andere Treibhausgase wie Methan und Lachgas fallen komplett durchs Raster“, erklärte Klepper. Deshalb hat der Klima-Ökonom gemeinsam mit seinem Team untersucht, wie das System auf alle Treibhausgase ausgeweitet werden kann. Sein Fazit: „Nahezu alle CO2-Emissionen und auch der Ausstoß weiterer Treibhausgase können in den europäischen Emissionshandel integriert werden. Dafür schlagen wir vor, die Zertifikatspflicht im Verkehr auf die Anbieter von fossilen Kraftstoffen zu verlagern, also bei den Raffinerien oder Tankstellen anzusetzen. Analog dazu wären das im Bereich Wärme etwa die Heizölhändler und bei den Methanemissionen der Landwirtschaft die landwirtschaftlichen Verwaltungen. Nur Importe von emissionsintensiven Gütern in die EU stellen eine Herausforderung dar. Das gegenwärtige System der freien Zuteilung von Emissionsrechten für Anlagen in Sektoren mit hohen Importen wird reformiert werden müssen.“
CO2-Preisreform
Edenhofer wiederum setzt auf eine Reform, in der ein europäischer Mindestpreis für den Ausstoß von CO2 festgesetzt und sukzessive gesteigert wird. Ende des vergangenen Jahres hat der Ökonom gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt vom RWI Essen seine Vorschläge vorgestellt. Danach wird zudem eine Energiesteuerreform durchgeführt und auf eine einheitliche Bepreisung der fossilen Energieträger nach CO2-Gehalt umgestellt – Benzin, Diesel oder Heizöl werden damit teurer. Im Gegenzug wird die Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz abgesenkt. Damit werden die Haushalte entlastet und die erneuerbaren Energien gefördert. Zusätzliche Mehreinnahmen werden verwendet, um einkommensschwache Haushalte zu kompensieren.
„Deutschland könnte sich für die Einführung eines solchen europäischen Mindestpreises stark machen und durch eine breite Allianz für den Klimaschutz Wettbewerbsnachteile für die deutsche Industrie beseitigen. Frankreich, Österreich, die Benelux-Staaten, Spanien, Italien, Dänemark und Schweden sind bereits davon überzeugt, dass dieser Mindestpreis auch für sie sinnvoll ist. Diesen Initiativen könnte Deutschland mit einer europäischen Koalition der Klima-Pioniere zum Durchbruch verhelfen“, sagte Edenhofer.
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