Was diese Situation für Eltern bedeutet und wie das Unterrichten zu Hause aus ihrer Sicht funktioniert hat die bundesweite Studie HOMEschooling 2020 der Universität Koblenz-Landau untersucht. Ein Viertel der befragten Eltern sehen ihre Beziehung zu ihrem Kind durch das Homeschooling als belastet an, so ein zentrales Ergebnis. Der Bericht liegt nun vor.
Der Fokus der HOMEschooling 2020-Studie lag neben den täglichen Herausforderungen und dem Gelingen des Unterrichtens zu Hause auf der Unterrichtsqualität. „Wir wollten wissen, ob und wie im Zuge des Homeschoolings guter Unterricht gewährleistet werden kann und fragten unter anderem nach der Qualität der Aufgaben, der Häufigkeit und Strukturiertheit der Aufgabenübermittlung oder dem Feedbackverhalten der Lehrkräfte“, so Professorin Dr. Anja Wildemann, Bildungsforscherin an der Universität Koblenz-Landau und mit Professor Dr. Ingmar Hosenfeld vom Zentrum für empirische pädagogische Forschung (zepf) Leiterin der Studie.
Die Mehrheit der Eltern wünscht sich laut Studienergebnis mehr Rückmeldungen durch die Lehrkräfte. Rund die Hälfte erkennt keinen regelmäßigen Rhythmus in der Aufgabenübermittlung durch die Lehrerinnen und Lehrer; auch nehmen sie die Lernaufträge als wenig abwechslungsreich wahr. Positiv empfinden die Eltern mehrheitlich die Klarheit der Aufgabenstellung, die es den Kindern ermöglicht, die Aufgaben selbständig zu bearbeiten. Insgesamt hat der zeitliche Umfang der Lernbetreuung durch die Eltern deutlich zugenommen, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Gaben knapp die Hälfte der Eltern an, vor Corona maximal 30 Minuten mit den Schulaufgaben des Kindes verbracht zu haben, sind es beim Homeschooling bei 24 Prozent bis zu einer Stunde, bei 26,7 Prozent bis zu zwei Stunden und 25 Prozent investieren bis zu drei Stunden täglich. Mit über 80 Prozent sind mit deutlicher Mehrheit Mütter für das Homeschooling zuständig.
Lernmotivation – geteiltes Bild
Im Hinblick auf die Lernmotivation der Kinder und Jugendlichen ergab sich ein fast ausgewogenes Bild: Mit 48,5 Prozent sind laut Einschätzung der Eltern etwas weniger als die Hälfte sehr oder ziemlich motiviert, bei etwas mehr als der Hälfte (51,1 Prozent) fehlt es an Motivation. Im Homeschooling finden im Vergleich zum normalen Schulalltag wenig Interaktionsmöglichkeiten statt. Knapp 60 Prozent der Eltern geben an, dass sich ihre Kinder nicht mit Mitschülern austauschen. Einen mehrmaligen Austausch pro Tag geben 9,7 Prozent der Eltern an, 14,1 Prozent benennen einen Austausch mehrmals pro Woche. Lernunterstützung der Kinder durch die Lehrkräfte sehen fast 75 Prozent der Eltern durch E-Mail-Kontakt geleistet. Außerdem werden Materialien zum Download (54,5 Prozent), Internetseiten (41,6 Prozent), YouTube-Videos (28,9 Prozent) und eigene Videos (15,4 Prozent) zur Verfügung gestellt.
Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht
„Auf Grundlage der Studie sehen wir zwei zentrale Entwicklungsbereiche für weiteres Homeschooling oder einen Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht“, so Ingmar Hosenfeld, „die Strukturiertheit der Lehr-Lern-Angebote und das Feedback“. Die Forschenden empfehlen, die Aufgaben in Form von Wochenplänen in einem festen Rhythmus zu übermitteln. Das könne einen wichtigen Beitrag leisten zum selbstregulierten Lernen sowie zur Orientierung der Schüler und durch die bessere Planbarkeit auch zur Entlastung der Eltern. Außerdem sollte es seitens der Lehrkräfte eine enge Verzahnung von Aufgabenübermittlung und individuellem Feedback geben, damit jede Schülerin und jeder Schüler den eigenen Wissensstand und Lernbedarf kennt und angemessen weiterentwickeln kann.
Damit es mit dem Lernen auch zu Hause gut klappt, ist Lernmotivation ganz wichtig. „Ein Großteil der teilnehmenden Eltern hat ihre Kinder durch soziale und kommunikative Zugewandtheit zum Lernen motiviert. Das ist ein guter Weg“, unterstreicht Wildemann. Darüber hinaus spielt Partizipation eine große Rolle. „Wenn Eltern und Kinder gemeinsam die Lernwoche planen, agieren sie partnerschaftlich. Das erhöht bei den Kindern in der Regel die Akzeptanz und Motivation“, erklärt Hosenfeld. Einen wichtigen Rat haben beide für Eltern: Sich selbst nicht so stark unter Druck setzen, denn Eltern sind in erster Linie genau das: Eltern und eben keine Lehrkräfte.
An der Studie teilnehmen konnten alle in Deutschland wohnhaften Eltern, deren Kinder allgemeinbildende Schulen besuchen. Zwischen Anfang April und Anfang Mai 2020 haben 4.230 Eltern an der Befragung teilgenommen, davon größtenteils Mütter. Von den Kindern und Jugendlichen besuchen 43,1 Prozent eine Grundschule und 52,6 Prozent eine weiterführende Schule, davon 64,9 Prozent ein Gymnasium.
Der ausführliche Bericht ist online unter https://homeschoolingstudie2020.zepf.eu abrufbar.
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