Die nächsten Schritte der Lebensplanung in Bildung, Beruf und Familie sind durch die Coronavirus-Pandemie schwerer absehbar. Soziologen der Universität Hildesheim untersuchen in einer Studie, wie junge Menschen auf die Unischerheit in Übergangsprozessen in Familie, Beruf und Ausbildung reagieren. Das Forschungsteam sucht bundesweit Teilnehmer im Alter von 18 bis 30 Jahren.

Die Krise der COVID-19-Pandemie gehört zu den schärfsten zeitgeschichtlichen Zäsuren seit dem 2. Weltkrieg. Weltweit führte sie in kürzester Zeit zu erheblichen Veränderungen des Alltags und der Lebenssituation durch den „Lockdown“ und die Verhaltensnormen des „Social Distancing“, also des räumlichen Abstands voneinander. Angesichts der Folgen, die der Lockdown besonders für junge Menschen hat, ist in der Presse und von manchen Wissenschaftlern auch schon eine „Generation Lockdown“ beziehungsweise eine „Generation Corona“ ausgerufen worden.
Auswirkungen auf die Zukunftsperspektiven von jungen Menschen 
Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Michael Corsten, Dr. Sascha Oswald und Tobias Wittchen vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Hildesheim untersucht im Forschungsprojekt „Biographische Zukunftsperspektiven und Distant Socializing in der Social-Web-Generation“ aus generationssoziologischer Perspektive, die COVID-19-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Zukunftsperspektiven von jungen Menschen. Wie reagieren junge Menschen auf die Unsicherheit in Übergangsprozessen?
„Es ist nicht mehr sicher, wovon in nächster Zeit auszugehen ist. Werde ich das Abitur machen können? Werden das nächste Schuljahr oder das Semester wieder in Präsenz stattfinden können? Wird Urlaub im Ausland wieder möglich sein so wie früher? Oder gibt es eine zweite Welle und die Grenzen werden doch wieder geschlossen? Werden die gerade geöffneten Kitas dann wieder bald geschlossen werden müssen? Die nächsten Schritte der mittelfristigen Lebensplanung in Bildung, Beruf und Familie sind also schwerer absehbar“, sagt der Soziologe Professor Michael Corsten.
Die Folgen des Lockdowns betreffen die junge Generation besonders, weil die Weichenstellungen im Bildungsprozess, in der Berufskarriere oder der Paar- und Familienentwicklung gerade im Alter von 18 bis 30 vorgenommen werden, aber gerade hier die nahen Zukunftsperspektiven besonders schwer einzuschätzen sind. Wie führt die Krise zu einer neuen Lebensperspektive, und wie kompensieren junge Menschen die Einschränkungen? Professor Michael Corsten nennt ein Beispiel aus dem Sport, etwa wenn sich junge Menschen digital fit halten, indem sie von gemeinsamen Zumba-Kursen im Club auf Youtube-Fitnesstutorials umsteigen. Ein Beispiel, das zeigt, das nicht alle Folgen Ausstieg und Stillstand bedeuten so Corsten. Aber lässt sich das, was im Freizeitbereich möglich scheint, so einfach auf Berufswelt, Bildung und Familiengründung übertragen?
 Können 18- bis 30-Jährige, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind, die Einschränkungen der sozialen Kontakte durch den Einsatz digitaler Medien besser als andere kompensieren? 
Eine weitere Auswirkung des Lockdowns besteht darin, dass digitale Medien verstärkt genutzt werden, um physische Kontakte und die Kommunikation unter Anwesenden zu ersetzen. Hier sind es nun gerade wiederum die 18- bis 30-Jährigen, die von Kindesbeinen an mit den neuen digitalen Medien aufgewachsen sind und die Möglichkeiten der Kommunikation im Social Web zu nutzen verstehen, so das Forschungsteam. Dies könnte sie befähigen, die Einschränkungen der sozialen Kontakte und der Kommunikation in den Kontexten von Bildung, Beruf oder Familie besser als andere zu kompensieren.
Das Hildesheimer Forschungsteam untersucht, wie die Krise sich auf die Wahrnehmung der nahen Zukunft in der Generation der heute jungen Erwachsenen auswirkt. Die eigenen Lebensentwürfe lassen sich im Rahmen der Krise unterschiedlich „leicht“ beziehungsweise „schwer“ verwirklichen. Von welchen Bedingungen und Gegebenheiten sind die Perspektiven der Menschen in unserer Gesellschaft abhängig? Spielt hierbei die Lebensphase eine besonders wichtige Rolle? Fällt es jungen Erwachsenen, die mit Digitalen Medien und dem Social Web aufgewachsen leichter, auf die Veränderungen der Kontaktpflege zu reagieren, etwa in Form eines „Distant Socializings“?
Um dies herauszufinden, befragen die Soziologen ab Ende Juni 2020 in dem Forschungsprojekt möglichst viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Gruppen in einem offenen Gespräch online oder telefonisch. An der Studie teilnehmen können alle Personen im Alter zwischen 18 und 30.