Das Öko-Institut will die Verkehrspolitik klimafreundlicher und sozial verträglicher gestalten. Dafür können existierende Instrumente so umgestaltet werden, dass sie gerecht sind und zum Klimaschutz beitragen, so die Freiburger Forscher.
So sollte etwa die CO2-Komponente der Kfz-Steuer erhöht werden, um mit den Mehreinnahmen die Prämie für den Kauf von Elektroautos zu finanzieren. Die Entfernungspauschale kann zum Mobilitätsgeld werden, das auch die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs fördert. Die Dienstwagenbesteuerung sollte erhöht werden und sich am CO2-Ausstoß des Fahrzeugs ausrichten.
Diese und weitere Instrumente hat das Öko-Institut im Auftrag des Naturschutzbunds NABU betrachtet. Das Ziel der Studie: Die sozialen Wirkungen heutiger Verkehrspolitik analysieren und Anregungen für die Ausgestaltung einer klimafreundlichen und sozial verträglichen Mobilität der Zukunft geben.
„Wir sehen, dass die Verkehrspolitik heute an vielen Stellen sozial unausgewogen ist – es profitieren häufig Menschen mit einem höheren Einkommen von Entfernungspauschale und Dienstwagenbesteuerung“, sagt Ruth Blanck, Projektleiterin am Öko-Institut. „Das fördert die Mobilität mit dem Auto anstelle klimafreundlicher Alternativen. In Zukunft müssen wir diese Logik umkehren.“
Unterschiede im Mobilitätsverhalten nach Einkommen
Für die Analyse teilten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle Haushalte in Deutschland in fünf Gruppen nach Haushaltseinkommen auf und betrachteten verschiedene Mobilitätsfaktoren. So wird deutlich, dass Menschen mit einem höheren Einkommen mobiler sind. Diejenigen mit dem höchsten Einkommen legen durchschnittlich 50 Kilometer pro Tag zurück, doppelt so viel wie diejenigen mit dem niedrigsten Einkommen.
Haushalte mit mehr Einkommen nutzen den Pkw dabei etwa doppelt so häufig wie untere Einkommensgruppen. Den öffentlichen Verkehr nutzen alle Einkommensklassen ähnlich viel. Der Hauptunterschied: Obere Einkommensgruppen legen mehr als doppelt so viel Kilometer mit Fernzügen zurück wie untere Einkommensgruppen.
Auch der Pkw-Besitz ist sehr ungleich verteilt. Von den Haushalten mit dem geringsten Einkommen besitzen über 40 Prozent keinen eigenen Pkw. Bei den mittleren Einkommen besitzen nur 18 Prozent und bei den obersten Einkommen nur 13 Prozent keinen Pkw. Die Haushalte mit dem höchsten Einkommen besitzen oft zwei oder mehr Pkw.
Sozial ausgewogen? Politikinstrumente im Fokus
Die Studie untersucht für sechs konkrete Politikinstrumente – Dienstwagenbesteuerung, Entfernungspauschale, Kfz-Steuer, Kraftstoffsteuer, Kaufprämie für E-Pkw, Parkgebühren und Bußgelder – die sozialen Wirkungen. Wie funktionieren die Instrumente? Wer profitiert von ihnen und wer nicht? Wie geht das besser? Konkrete Kostenbeispiele ergänzen die wissenschaftlichen Analysen.
Beispiel Dienstwagenbesteuerung
Rund 20 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge sind Dienstwagen – gewerblich angemeldete Autos, die auch privat genutzt werden dürfen. Dafür müssen Arbeitnehmer und -nehmerinnen im Rahmen der Einkommenssteuer monatlich ein Prozent des Bruttolistenpreises des Autos als geldwerten Vorteil versteuern.
Doch nur drei Prozent der deutschen Haushalte steht ein Dienstwagen zur Verfügung, die meisten von ihnen verdienen weit überdurchschnittlich. Mehr als 40 Prozent der Führungskräfte und mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen über 100.000 Euro haben einen Dienstwagen. Während Geringverdiener also keine Dienstwagen nutzen und damit vollständig vom Steuervorteil ausgeschlossen sind, erhöht sich dieser mit steigendem Einkommen.
Zur Klimaperspektive: Dienstwagen werden deutlich mehr gefahren als private Pkw: rund 30.000 Kilometer pro Jahr, also über 80 Kilometer am Tag und damit fast zweieinhalb Mal so viel wie private Pkw. Rund drei von vier Dienstwagen fahren mit Dieselantrieb. Sie sind deutlich stärker motorisiert und teurer. In jüngster Zeit erfreuen sich auch Plug-in-Hybride zunehmender Beliebtheit bei Dienstwagenfahrern, doch auch ihr Klimanutzen und damit die entsprechende Förderung sind höchst zweifelhaft.
Die Empfehlung der Expertinnen und Experten: Dienstwagen, insbesondere mit Verbrennungsmotor, sollten deutlich höher als mit einem Prozent versteuert werden – mit einem ansteigenden Steuersatz entsprechend den steigenden CO2-Emissionen des Fahrzeuges. Zudem sollten auch die privat gefahrenen Kilometer zusätzlich versteuert werden. So werden Anreize gesetzt, ein Fahrzeug mit möglichst geringen CO2-Emissionen anzuschaffen und möglichst wenig privat zu fahren.
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