Der Europäische Rat, das ist der Rat der Regierungschefs der EU, hat sich in einer Nachtsitzung auf den EU-Haushalt und auf die Reduzierung der Treibhausgase bis 2030 verständigen können.

Und wie immer ging es um das liebe Geld. Polen, das seine Energie überwiegend aus Kohle produziert, soll verstärkte Hilfe bekommen. Um das Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050 im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris zu erreichen, muss die EU ihr Ambitionsniveau für das kommende Jahrzehnt erhöhen und ihren Rahmen für die Klima- und Energiepolitik aktualisieren. Der Europäische Rat billigte zu diesem Zweck das verbindliche Ziel der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 intern netto um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.

Die EU-Führungsspitzen wollen ihre Klimaziele auf eine Weise ehrgeiziger gestalten, die es ermöglicht,

  • nachhaltiges Wirtschaftswachstum anzustoßen,
  • Arbeitsplätze zu schaffen,
  • den Bürgerinnen und Bürgern der EU Nutzen für Gesundheit und Umwelt zu bringen und
  • durch die Förderung umweltfreundlicher Innovation zur langfristigen weltweiten Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der EU beizutragen.

Die EU-Führungsspitzen hoben hervor, wie wichtig die Mobilisierung öffentlicher Mittel und privaten Kapitals ist, und erinnerten an das Gesamtziel, mindestens 30 % des Gesamtbetrags der Ausgaben aus dem MFR und NGEU für Klimaschutzmaßnahmen bereitzustellen.

Im Hinblick auf die Förderung der Entwicklung gemeinsamer, weltweiter Standards für ein grünes Finanzwesen ersuchte der Europäische Rat die Kommission, bis spätestens Juni 2021 einen Gesetzgebungsvorschlag für einen EU-Standard für grüne Anleihen vorzulegen.

Der Europäische Rat ersuchte die Kommission, zu beurteilen, wie alle Wirtschaftszweige am besten zu dem Ziel für 2030 beitragen können, und die erforderlichen Vorschläge zusammen mit einer gründlichen Untersuchung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf Ebene der Mitgliedstaaten vorzulegen. Die Kommission wird ersucht, insbesondere Folgendes in Betracht zu ziehen:

  • das Prüfen von Möglichkeiten, wie das Emissionshandelssystem der EU gestärkt werden kann;
  • Vorschläge für Maßnahmen, die es energieintensiven Industriezweigen ermöglichen, innovative klimaneutrale Technologien zu entwickeln und einzusetzen, ohne ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen;
  • einen Vorschlag für ein CO₂-Grenzausgleichssystem, um WTO-konform die Umweltintegrität der politischen Maßnahmen der EU zu gewährleisten und eine Verlagerung von CO₂-Emissionen zu vermeiden;
  • das Ausräumen von Bedenken in Bezug auf die Lastenverteilung, Fairness und Kosteneffizienz, Forstwirtschaft und Landnutzung sowie steigende Emissionen und rückläufige Senken aus diesen Sektoren aufgrund der negativen Auswirkungen des Klimawandels.

Der Europäische Rat wird auf diese Angelegenheit zurückkommen und rechtzeitig zusätzliche Leitlinien annehmen, bevor die Kommission ihre Vorschläge vorlegt. In diesem Zusammenhang wird die Zukunft der Lastenverteilungsverordnung behandelt werden.

Der im Übereinkommen von Paris vorgesehene national festgelegte Beitrag der EU wird dem neuen verbindlichen Ziel entsprechend aktualisiert und bis Ende des Jahres dem Sekretariat des VN-Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen (UNFCCC) vorgelegt werden. Im Vorfeld der 26. Konferenz der Vertragsparteien des UNFCCC, die 2021 im Vereinigten Königreich stattfinden wird, bekräftigte der Europäische Rat, dass internationales Engagement von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels ist, und appellierte an alle anderen Vertragsparteien, insbesondere an jene mit den größten Volkswirtschaften, eigene ehrgeizige Ziele und politische Strategien vorzulegen. Er unterstrich, wie wichtig ein entschlossenes abgestimmtes Handeln mittels einer aktiven europäischen Klimadiplomatie ist.

Greenpeace und andere NGOs kritisieren die Entscheidung

Bei NGOs stösst die Entscheidung der Regierungschef dennoch auf Kritik, denn sie werfen den Politikern Rechentricks vor. Erstmals soll dabei die CO2-Aufnahme von Wäldern mitgerechnet werden, so dass der Ausstoß an Treibhausgasen lediglich um bis zu 50,5 Prozent sinken müsste. Mit den bereits beschlossenen Klimamaßnahmen und Zielen würde der CO2-Ausstoß  bereits um 46 Prozent zurückgehen, prognostiziert die EU selbst. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Vereinten Nationen mahnen ein deutlich schnelleres Reduzieren  der Treibhausgase an. Greenpeace Geschäftsführender Vorstand Martin Kaiser fasst dies folgend zusammen:

Die 27 Staatsoberhäupter der EU haben es heute verpasst, das Pariser Klimaabkommen nach fünf Jahren endlich zum Leben zu erwecken und das 1,5 Grad Ziel zu sichern. Während Millionen Menschen auf einen großen Sprung im Klimaschutz hofften, machte der EU-Rat mit der Vorsitzenden Angela Merkel lediglich einen frustrierenden Trippelschritt. Die Kanzlerin und der Rat scheuten die notwendige Auseinandersetzung mit der Öl-, Gas- und Kohleindustrie. Das neue Klimaziel wird die Menschen nicht ausreichend vor kommenden Wetterextremen schützen.
Nun liegt es am europäischen Parlament, den größten Schaden abzuwenden. Die Abgeordneten müssen verhindern, das erstmals die CO2-Minderungen durch Wälder mitgerechnet werden, und sich für ein höheres Ziel einsetzen. Europa braucht nationale Verbindlichkeit beim Klimaschutz, damit sich einzelne Regierungen wie Deutschland nicht länger hinter dem kleinsten gemeinsamen Nenner verstecken können.

Schlussfolgerungen des Europäischen Rates